Rezensionen Sachbuch

Judith Schalansky – Atlas der abgelegenen Inseln

Genre: Sachbuch
Seiten: 144
Verlag: Mare Verlag
ISBN: 978-3866481176
Meine Bewertung: 4,5 von 5 Sternchen

Sachbuch-Challenge

 

Dieser Atlas ist kein Atlas im herkömmlichen Sinn und vor allem kein Reiseführer. Judith Schalansky porträtiert hier in aller Kürze fünfzig Inseln, auf denen sie nie war (und nie sein wird), wie der Untertitel verrät. Es geht hier um das Reisen im Kopf, nicht darum, abgelegene Inseln als ein tatsächliches Reiseziel zu präsentieren.
Die Inseln reichen von allseits bekannten (Osterinsel, St. Helena, Pitcairn) bis hin zu solchen, von denen vermutlich noch kaum jemand gehört hat (Sankt-Paul-Insel, Takuu). Jede einzelne stellt die Autorin in einer Art Momentaufnahme vor: mit einer Anekdote aus der Vergangenheit oder Gegenwart, manchmal auch mit einem kurzen Abriss der Geschichte oder mit einer Kuriosität der jeweiligen Insel.
 
Da wären etwa Floreana, auf der zwei Aussteiger ihr kleines Paradies gründen wollten, die verlassene Polarstation auf Einsamkeit und Pingelap, wo eine große Zahl der Einwohner aufgrund einer Mutation auf dem Chromosom Nr. 8 farbenblind ist. Oder die rätselhafte Geschichte von Marc Liblin, der angeblich in Träumen eine Sprache lernte, die niemand verstand – bis sich herausstellte, dass diese auf der polynesischen Insel Rapa Iti gesprochen wird.
Es sind stets nur kleine Streifzüge, die Judith Schalansky den Lesern hier bietet, aber diese Streifzüge machen unglaubliche Lust auf mehr. Da ich das Buch nur ausgeliehen hatte, habe ich mir eine ganze Reihe von Inseln notiert, über die ich mich näher informieren möchte.
Nicht alle Inseln erscheinen gleich interessant, aber viele davon sind unglaublich inspirierend. Bei den wenigsten Inseln wird man sehnsüchtig wünschen, sie besuchen zu können, da viele der Geschichten tragisch, erschreckend oder grausam sind, und trotzdem verspürte ich beim Lesen ein leises Fernweh.
Leider sind die Anekdoten aber allesamt sehr kurz und so erscheint das Buch wie ein Appetitanreger: Es führt kaum zur Sättigung und macht Lust auf mehr.

 

Ganz besonders möchte ich auch die Gestaltung des Buches hervorheben. Schon, dass es sich tatsächlich um ein gebundenes Buch mit Fandenbindung handelt, ist erfreulich, aber auch sonst ist es wunderschön gestaltet. Jeder Insel ist eine Doppelseite gewidmet: Auf einer Seite findet sich eine Karte, auf der anderen Seite der Text mit einigen kleinen Informationen, etwa die Anzahl ihrer Bewohner und die Entfernung zu anderen Inseln bzw. dem Festland. Übersichtskarten, auf denen die Inseln eingezeichnet sind, runden das schöne Gesamtbild ab.
So etwas kommt also dabei heraus, wenn die Autorin auch eine Grafikerin und für die gesamte Gestaltung ihres Buches verantwortlich ist. Einfach nur grandios!
 
Der „Atlas der abgelegenen Inseln“ bietet mit seinen fünfzig skurrilen, schaurigen, witzigen und informativen Geschichten Stoff zum Träumen und ist zudem auch noch eine wahre Augenweide. Oft fand ich aber die Beschränkung auf eine Seite (mit noch dazu recht großer Schrift) doch zu knapp bemessen. Natürlich kann so eine Buch nicht jede Insel in aller Ausführlichkeit vorstellen, aber manchmal hätte es gern ein wenig ausführlicher sein können. Abgesehen davon aber eine absolute Leseempfehlung für alle, die auch gern vom Sofa aus ferne Orte erkunden.

 

4 thoughts on “Judith Schalansky – Atlas der abgelegenen Inseln

  1. Hm, das Buch hatte ich auch schon einmal in der Hand (allerdings eingeschweißt, daher konnte ich nicht hineinsehen). Das wollte ich eigentlich mal verschenken, aber dann habe ich eben auch gelesen, dass die Inhalte in dem Buch nur sehr kurz und bestenfalls – wie du sagst – appetitanregend sind, und das war mir dann doch irgendwie zu wenig. Aber letztlich klingt es doch ziemlich toll 🙂

    1. Die Kürze ist zugleich Vor- und Nachteil. Natürlich erhält man in dem Buch keine umfassenden Beschreibungen aller Inseln, aber dadurch ist es eben auch kurzweilig zu lesen und man kann sich dann über die Inseln, die man besonders interessant findet, einfach selbst weiter informieren.
      Ich kann mir aber schon vorstellen, dass viele es gern etwas umfassender hätten.

  2. Oh, das Buch hatte ich vor Jahren schon mal auf meiner Wunschliste stehen, dann aber außer irgendeinem Grund gelöscht. Dabei klingt es doch so reizvoll!

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