Phantastisch Rezensionen

Sharon Shinn – Summers at Castle Auburn

Genre: Fantasy
Seiten: 352
Verlag: Ace
ASIN: B000OCXG32
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternchen

Corie, die illegitime Tochter eines Adeligen, wächst in einem kleinen Dorf bei ihrer Großmutter auf und wird dort als eine Art Kräuterhexe ausgebildet. Jedes Jahr aber verbringt sie den Sommer in einer gänzlich anderen Welt: auf Castle Auburn bei ihrer Halbschwester Elisandra. Für Corie sind das zauberhafte Sommer, in denen sie Prinz Bryan anschwärmt und ihren Onkel bewundert, der als geschicktester Jäger der feenhaften aliora gilt. Erst als Corie älter wird, erkennt sie, dass auf Auburn vieles nicht so glanzvoll ist, wie sie immer dachte.
Anfang dieses Jahres habe ich das wunderbare Buch The Shape-Changer’s Wife von Sharon Shinn gelesen und wusste sofort, dass ich von der Autorin mehr lesen muss. „Summers at Castle Auburn“ ist ganz anders, aber nicht weniger gut.
Die Inhaltsbeschreibung mag so klingen als ob in dem Roman nicht viel passiert – und auf eine gewisse Weise stimmt das auch. Dieser stille Fantasyroman hat keine große Action zu bieten und ist sehr unspektakulär, aber ich habe mich trotzdem kein einziges Mal beim Lesen gelangweilt.
Denn in diesem Roman finden die größten Entwicklungen in den Figuren statt. Es ist eine wunderbare Coming of Age-Geschichte einer jungen Frau, die ihren Platz im Leben finden muss. Corie ist anfangs ein naives Mädchen, das sehr von Äußerlichkeiten geblendet wird. Erst nach und nach lernt sie, hinter die Oberflächen zu sehen und entdeckt dabei Dinge, die sie lieber nie erfahren hätte.
Trotz ihrer anfänglichen Naivität war sie mir stets sympathisch. Sie mag zunächst ein noch sehr schwärmerischer Teenager sein, aber zugleich ist sie auch ein ungemein liebenswerter Wildfang und auf ihre Weise auch sehr starke Heldin, die lernfähig ist und zum Ende hin einige großartige Entscheidungen trifft.
Neben Corie kommen aber auch die anderen Figuren nicht zu kurz. Elisandra, Cories Halbschwester, wurde bereits als kleines Kind mit dem Prinzen verlobt und scheint ganz die pflichtbewusste adlige Tochter zur sein, aber in ihr steckt viel mehr als man anfangs denken würde.
Das ist überhaupt ein Motiv, das sich durch den gesamten Roman zieht: Die meisten Figuren sind nicht (nur) so, wie es zunächst den Anschein hat. So hat Cories geliebter Onkel Jaxon einige Abgründe zu bieten und Bryan ist weit entfernt von einem Traumprinzen, wobei einem das beim Lesen sehr schnell klar wird.
Und dann ist da schließlich noch Bryans Cousin Kent, ernst und zurückhaltend und gern ein wenig unterschätzt – und eine der wunderbarsten Figuren, die mir jemals untergekommen sind.
Nun habe ich so lange von den Figuren geschwärmt, aber der Roman hat noch deutlich mehr zu bieten. Shinn beschreibt sowohl die zauberhaften Sommer als auch die dunkleren Aspekte von Auburn so anschaulich, dass ich ganz und gar in Cories Welt eingetaucht bin und gerne noch viel länger darin verweilt wäre.
Abgesehen davon, dass der Roman nicht in unserer Welt angesiedelt ist, hat er eher wenig Fantasyanteil: Cories Heil- und Giftkräuter sowie die aliora sind die einzigen dezent magischen Elemente des Romans. Auch das ist etwas, das ihn sehr von „The Shape-Changer’s Wife“ unterscheidet, aber mir hat dieser äußerst sparsame Einsatz von Magie sehr gut gefallen.
Schließlich gibt es auch eine zarte Liebesgeschichte, die ich sehr schön fand, bei der aber vielleicht absolute Romantikfans nicht auf ihre Kosten kommen. Sie entwickelt sich sehr langsam und tritt auch nie in den Vordergrund, da es für Corie meistens Probleme gibt, die für sie erst einmal Vorrang haben. Auch das war etwas, das mir an dem Roman sehr gut gefallen hat.
Gibt es auch etwas, das ich an dem Roman nicht mochte? Ja, manchmal war mir Corie gewissen Dingen gegenüber wirklich zu blind und ich habe mich fassungslos gefragt, ob sie es wohl jemals begreifen wird. Das ist auch der Grund, weshalb ich dem Roman ursprünglich nicht alle fünf Sterne geben wollte. Aber selbst Tage danach bin ich gefühlsmäßig noch ganz in Auburn und kann mich kaum dazu aufraffen, ein anderes Buch zu lesen. Ich mag gerade einfach nirgendwo anders eintauchen und mich auf keine anderen Figuren einlassen.
Das ist ein Zeichen dafür, dass ein Buch in mir wirklich einen ganz bestimmten Nerv getroffen hat und das passiert mir in letzter Zeit wirklich nur noch selten.
Ich kann also „Summers at Castle Auburn“ allen empfehlen, die auch gerne mal stille Bücher lesen und abseits von der derzeit eher düsteren Fantasy auch mal wieder in ein märchenhaftes Wohlfühlbuch eintauchen wollen.
Einer der schönsten Romane, den ich in den letzten Jahren gelesen habe.

5 thoughts on “Sharon Shinn – Summers at Castle Auburn

  1. Es ist jetzt schon eine Weile her, aber ich habe auch "The Shape-Changers Wife" gelesen, allerdings auf Deutsch. Der war einfach nur gut. Lange wollte ich noch etwas anderes von der Autorin lesen, wusste aber nie was bzw. konnte mich nicht recht entscheiden. Danke, dass Du mir die Entscheidung abgebommen hast! 🙂
    Schöne Zusammenfassung und noch bessere Meinung, klingt nach Beuteschema. Ich seh bestimmt mal rein.

    1. Oh, wie schön, dass du "The Shape-Changer's Wife" auch mochtest – ich dachte schon, dass das außer mir gar niemand kennt. 😉
      "Summers at Castle Auburn" ist aber wirklich sehr anders. Ich hoffe, dass es dir trotzdem auch gefällt!

    2. Ja, es ist schon ein wenig älter, aber wer sich durchwuselt, der kommt eigentlich an diesem Buch nicht vrobei. Immerhin hat die Autorin zahlreiche Nachahmer gefunden und in eine Fernsehserie hat man das auch eingearbeitet. Und hat sie nicht sogar einen Preis gewonnen?
      Ich habe "Summers" auf jeden Fall auf der Merkliste!

    3. Oh, in welche Fernsehserie wurde das denn eingearbeitet? Mir sind bisher auch noch keine Nachahmer untergekommen.
      Und ja, sie hat dafür einen Award bekommen.

Leave a Reply

Your email address will not be published.