Jugendbuch Phantastisch Rezensionen

Sarah Beth Durst – Ice. Hüter des Nordens

Genre: Phantastik, Jugendbuch
Seiten: 320
Verlag: Egmont LYX
ISBN: 978-3802586026
Meine Bewertung: 2 von 5 Sternchen
Aus dem Englischen übersetzt von Katrin Harlaß
 
Dieser Roman ist eine moderne Interpretation des norwegischen Märchens „Östlich von der Sonne und westlich vom Mond“ und erzählt die Geschichte der jungen Cassie, die in einer arktischen Forschungsstation aufgewachsen ist. An ihrem achtzehnten Geburtstag erfährt sie, dass ihre Mutter, die angeblich bei ihrer Geburt gestorben ist, in Wahrheit in der Festung der Trolle gefangengehalten wird. Um sie zu befreien, muss Cassie einen Eisbären heiraten, der sich nachts in einen Menschen verwandelt.
 
„Ice“ ist ein Buch, das ich gern gemocht hätte und das ich anfangs auch sehr interessant fand, das mich dann aber mehr und mehr verloren hat. Es ist eine seltsame Mischung aus Märchen, Fantasy und einer sehr realistischen Welt im ewigen Eis. Das klingt zunächst noch nicht mal so schlecht, aber leider ist der Autorin die Mischung nicht wirklich gelungen. Am besten funktionierte für mich die realistische Ebene: Cassies Leben in der Forschungsstation und die Beschreibung der arktischen Welt fand ich sehr gelungen.
 
Cassies Freundschaft und spätere Liebe zu dem gestaltwandelnden Eisbär war für mich dagegen nicht nachvollziehbar, wodurch ich dann auch nicht verstehen konnte, weshalb Cassie so viel für ihn riskiert und ihm einen großen Vertrauensbruch verzeiht. Allgemein bleiben die Beziehungen der Figuren zueinander sehr farblos – so auch das eigenartige Wiedersehen zwischen Cassie und ihrer Mutter. Ich hatte das Gefühl, dass die Autorin vor allem bei den Figuren zwischen märchenhafter Einfachheit und realistischer Charakterzeichnung schwankt und ihr letztlich weder das eine noch das andere gelingt.
 
Cassies Reise bis ins Reich der Trolle, die die 2. Hälfte des Romans ausmacht, hat mich trotz aller Action eher gelangweilt, weil Sarah Beth Durst hier alle möglichen abstrusen Einfälle in den Roman wirft und es nicht schafft, diese miteinander in Einklang zu bringen oder so zu beschreiben, dass man sich die Szenen vorstellen kann. Auch das liegt zum Teil wieder daran, dass die Handlung einerseits sprunghafte und unlogische Übergänge enthält, wie es bei Märchen oft der Fall ist und andererseits aber Strukturen einer Fantasyqueste beinahe schon epischen Ausmaßes aufweist.
 
Schließlich gab es noch etwas, das mich sehr gestört hat, aber dazu muss ich auf ein Handlungsdetail eingehen, das so auch nicht im Ursprungsmärchen vorkommt:
 
Spoiler Anfang
Cassie wird ungeplant schwanger und zwar aufgrund eines Missverständnisses zwischen ihr und dem Eisbären. Das führt zunächst auch zum Zerwürfnis zwischen den beiden und Cassie ist über die Schwangerschaft höchst unglücklich. Während ihrer Reise arrangiert sie sich dann mehr oder weniger (vielleicht eher: wohl oder übel) damit und natürlich lernt sie dann ihr Kind zu lieben, bringt es mal eben während des Showdowns zur Welt und am Ende haben wir eine glückliche Familie. Yay.
Mich hat die Art und Weise, wie das Thema abgehandelt wird – sehr nebenbei und oberflächlich – geärgert, noch mehr aber, dass Bär (wenn auch ohne böse Absicht) Cassie austrickst, was dann letztendlich zu ihrem Glück führt.
Spoiler Ende
 
„Ice“ ist ein Roman, der nach einem sehr atmosphärischen Anfang immer mehr nachlässt und leider kein rundes Ganzes ergibt. Da er über weite Teile stark von dem Originalmärchen abweicht, kann man den Großteil der seltsamen Szenen und Ideen auch nicht durch die Vorlage entschuldigen. Trotz interessanter Ansätze und einem schönen Setting also ein Buch, das ich nicht weiterempfehlen kann.

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