ungekürztes Hörbuch (5 h 36 min)
gelesen von Ulrich Matthes
erschienen bei Der Hörverlag
woher: Audible
Hörbuch-Challenge
Nobelpreis-Challenge
John Steinbeck erzählt in diesem kurzen Roman von den buntgemischten Bewohnern der Cannery Row im kalifornischen Städtchen Monterey: von dem Ladenbesitzer Lee Chong über die leichten Mädchen in Doras Etablissement bis hin zum Meeresbiologen Doc, der im Western Biological forscht. Und dann sind da noch der Nichtsnutz Mac und seine Freunde, die es sich in den Kopf gesetzt haben, für Doc eine große Party zu veranstalten.
„Die Straße der Ölsardinen“ ist ein ganz anderes Buch als Jenseits von Eden – keine groß angelegte Familiensaga, sondern gewissermaßen eine Momentaufnahme der Cannery Row, die in kleineren und größeren Episoden von den Menschen dort erzählt. Diese Menschen bilden das Herz der Geschichte und zeigen, was für ein Meister der Figurenzeichnung John Steinbeck ist. Er braucht keine hunderte von Seiten, um seine Figuren zum Leben zu erwecken: Bereits nach ein paar Absätzen hat er sie jeweils so gut charakterisiert, dass sie mir ans Herz gewachsen sind.
Und wenn einem das Schicksal der Figuren nahe geht, braucht es noch nicht einmal einen epischen Plot, um Spannung zu erzeugen. Ich habe mit den Menschen der Cannery Row selbst mitgefiebert, wenn es nur um kleine alltägliche Sorgen ging oder etwa um die Frage, ob die Überraschungsparty für Doc gelingen wird.
Dabei sind Steinbecks Figuren beileibe keine Heiligen. Mac etwa ist im Grunde ein Gauner; er schummelt sich durchs Leben und rettet sich mit unglaublichem Einfallsreichtum noch aus den schwierigsten Situationen. Seine Mitmenschen bleiben da gern mal auf der Strecke und doch konnte ich ihm nie wirklich böse sein. Er ist auf seine Weise einfach liebenswert und ich konnte auch nicht umhin, sein Talent sich überall herauszureden zu bewundern.
In Mac und seinen „Jungs“ zeigt sich zugleich auch das tragikomische Element des Romans, wenn sie mit bester Absicht einen riesengroßen Blödsinn machen und – zumindest kurzfristig – auf eine Weise unter den Folgen leiden, die mir wirklich zu Herzen ging.
Alles in allem ist der Grundton in „Die Straße der Ölsardinen“ aber eher heiter, auch wenn es zwischendurch ernste und auch traurige Szenen gibt. Dieser heitere Ton und der sehr warmherzige Blick auf die Figuren machen den Roman tatsächlich zu einer Art Wohlfühl-Lektüre. Es macht einfach unglaublich Spaß, die Geschehnisse in der Cannery Row mitzuerleben und von mir aus hätte der Roman gern deutlich länger sein können.
Der schöne, schlichte Schreibstil von John Steinbeck und sein scharfer Blick für kleine Details trägt natürlich auch einiges zum Lesevergnügen bei.
Und schließlich ist auch Ulrich Matthes‘ Lesung ein echter Genuss. Ich hatte das Gefühl, dass er mit seiner Stimme den Charakter der Figuren wirklich gut einfängt und auch die humorvollen Stellen sehr gelungen transportiert.
Was bleibt mir am Ende dieser Lobeshymne noch zu sagen außer: Lest (oder hört) dieses kleine Juwel! Und wenn ihr etwas mehr Zeit habt, dann greift am besten auch gleich noch zu Jenseits von Eden.
Das klingt richtig gut nach Entspannung beim Hören, Danke für den Tip! Und gleich wieder bei Challenges bedient 😉
Ja, dieses Buch ist wirklich ein schönes Hörerlebnis. Ich hoffe, dass es dir auch gefällt!
Jetzt musste ich glatt mal nachlesen, was ich damals über das Buch gebloggt hatte … Da taucht auch der Begriff "Wohlfühlbuch" auf. 😉
Das kann ich mir als Hörbuch wirklich gut vorstellen!
Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern, dass du auch über das Buch gebloggt hast, ich wusste nur, dass du "Früchte des Zorns" gelesen hast. Vermutlich ist mir dann sogar bei dir das Buch aufgefallen (auch wenn du nicht ganz so davon überzeugt warst, wie ich gerade nochmal nachgelesen habe).
Deine Rezensionen zu Büchern von John Steinbeck sind echt verführerisch! Meine Bib gibt sogar ein paar Bücher von ihm her, darunter „Jenseits von Eden". Wenn ich das nächste Mal hinfahre, darf ich nicht vergessen, das Buch mitzunehmen!
Das hab ich auch auf dem SuB stehen. Vielleicht lese ich es sogar noch für die Challenge in diesem Jahr? Mal sehen, was meine Leseplanung für November/Dezember so hergibt. "Wohlfühlbuch" klingt auf jeden Fall gut, da passt es vielleicht auch in den Advent.
Habe das Hörbuch direkt mal über die onleihe klargemacht und ich fand es auch ganz toll! Erinnerte mich lustigerweise an Eric Malpass (Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung). Die Zwischenkapitel mit Stories über Hörnchen und andere Figuren des Romans haben mir auch ganz gut gefallen – die gaben dem Ganzen noch mal eine Extraportion Charme. Und haben mich dann doch entfernt an Früchte des Zorns erinnert, wo ja auch diese essayistischen Zwischenkapitel vorkamen. Steinbeck ist mir schon sehr lieb geworden.
Danke für's Vorstellen und liebe Grüße!
Das freut mich, dass dir das Hörbuch auch gefallen hat! 🙂
Früchte des Zorns steht bei mir ja auch noch auf der Liste – vielleicht les ich das dann mal nächstes Jahr.
Ach so 😉 Ich kann es empfehlen, habs glaub ich letztes Jahr für die Challenge aus dem SuB befreit. Jetzt habe ich noch Jenseits von Eden, das lese ich aber auch eher nächstes Jahr.