Jugendbuch Rezensionen Science Fiction

Marissa Meyer – Wie Monde so silbern

 

erschienen bei Carlsen
1. Band der Luna-Chroniken

entdeckt bei Birthe und Lyne

woher: geliehen (Büchereien Wien)

Märchen-Bingo

Linh Cinder ist ein Cyborg und deshalb sowohl in der Familie, bei der sie wohnt, als auch in der Gesellschaft von Neu-Peking eine Außenseiterin. Als eines Tages niemand geringerer als Prinz Kai bei ihr in der Werkstatt auftaucht, um einen alten Androiden reparieren zu lassen, kann sie ihren Augen nicht trauen. Sein Besuch wirbelt einiges in ihrem Leben durcheinander und ungewollt findet sie sich schließlich auch noch mitten in den politischen Wirren wieder.
Manchmal komme ich mir vor wie Michael Endes Büchernörgerle, wenn ich rundherum Empfehlungen bekomme oder begeisterte Rezensionen lese, selbst dann aber nur wenig mit den Büchern anfangen kann. So ging es mir in diesem Jahr schon mit Der Kuss des Kjer, Indexing und „Der Winter erwacht“ (hierzu kommt die Rezension noch) und auch bei Marissa Meyers Auftakt zur ihren Luna-Chroniken ist es nicht anders.
Dabei hat „Wie Monde so silbern“ ein ganz interessantes Setting in der Zukunft zu bieten, in dem die Erde immer wieder mit dem magisch begabten Volk der Lunarier, das den Mond bewohnt, in Konflikt gerät. Es ist mir übrigens ein Rätsel, weshalb der Roman so häufig als Dystopie bezeichnet wird, da es sich hier schlicht um Science Fiction handelt und von einer dystopischen Gesellschaft praktisch nichts zu finden ist. Anscheinend wird aktuell alles, was in der Zukunft spielt, in den Topf „Dystopie“ geworfen, egal ob darin überhaupt Merkmale einer Dystopie zu finden sind oder nicht.
Dieses für ein Jugendbuch eher ungewöhnliche Setting nutzt Marissa Meyer nun als Hintergrund für eine Aschenputtel-Adaption, die sich für mich nicht besonders gut eingefügt hat. Die Liebesgeschichte mit Prinz Kai konnte mich gar nicht überzeugen und die Sache mit dem Ball sowie Cinders Teilnahme daran kam mir sehr erzwungen vor. Und „überraschende“ Enthüllungen, die schon hundert Meilen gegen den Wind stinken, sind leider gar nicht mein Fall.
Dazu kommt, dass ich die Figuren sehr blass und eindimensional fand. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass mich die Liebesgeschichte eher kalt gelassen hat, da Kais Charakter sehr an der Oberfläche bleibt. Cinder bekommt etwas mehr Raum, um sich zu entfalten und ist eine sympathische Figur, aber es fehlen noch Ecken und Kanten oder etwas, das sie abgesehen von ihrem mechanischen Fuß einzigartig macht. Die beiden haben auch nicht allzu viel Zeit, um sich kennenzulernen und so hatte das für mich ein wenig den Geschmack von Liebe auf den ersten Blick.
Abseits der bekannten Aschenputtel-Handlung gibt es glücklicherweise einige Nebenplots und Elemente, die mich mehr gefesselt haben, aber alles in allem hat das für mich kein harmonisches Ganzes ergeben. Die Themen Cyborgs/Androiden/“Was ist noch menschlich?“, die normalerweise nicht ganz mein Fall sind, waren hier gut umgesetzt und ich hätte lieber eine stärkere Konzentration darauf gehabt als auf die märchenhaften Elemente mit Prinzen, Bällen und Magie.
Der Roman endet zwar mit einem Cliffhanger, hat mich aber dennoch nicht allzu neugierig auf den Nachfolgeband gemacht. Da ich gerade auf der Suche nach einem Hörbuch war und es den 2. Band als solches in der Bücherei gab, probiere ich es trotzdem noch damit, merke aber bereits, dass Cinder mich noch immer eher kalt lässt.
Mein Fazit: Ein Reihenauftakt mit eher flachen Figuren, der außerdem das Potenzial des interessanten Settings nicht wirklich ausschöpft – aber vielleicht kommt das ja noch in den weiteren Bänden.

8 thoughts on “Marissa Meyer – Wie Monde so silbern

  1. Yum tuv, Neyasha.
    Das mit der persönlichen Ratlosigkeit, während allethalben Euphorie darüber die Stimmung beschreibt, geht mir mit Filmen so. Eigentlich doch ein beruhigendes Zeichen – zumal wenn der sog. Mainstream einen wiederum bestätigt (bei mir zuletzt 'The Force Awakens').

    "Dystopie" ist eine zu gute Marke, als daß die Marketing-Macher darauf verzichten würden. Im Übrigen werden sogar SF-Neuerscheinungen lieber unter der Rubrik "Thriller" vermarktet, als unter dem deklarierten "Kassengift" SF. Strange but real…

    Aktuell mein Filmtip*: 'Mustang'.

    bonté

    * ohne Gewähr jetzt… 😉

    1. Das ist bei mir allerdings auch so, dass ich manchmal im Mainstream unterwegs bin (der neue Star Wars ist ein prima Beispiel, aber auch Harry Potter), während ich dann oft auch wieder gar nicht nachvollziehen kann, was denn alle an einem bestimmten Buch/Film finden.
      Besonders ratlos macht es mich allerdings, wenn ich – wie in letzter Zeit oft – Rezensionen von anderen lese, deren Geschmack ich mittlerweile doch ein wenig einschätzen kann und dann doch eine ganz konträre Meinung zu dem Werk habe. Aber nun ja, so ist das eben mit dem Geschmack. Eine unberechenbare Sache. 😉

      Von "Mustang" habe ich bisher noch nicht gehört, klingt aber sehr interessant. Danke für den Tipp! Vorerst steht jetzt aber mal "The Lobster" auf dem Programm. 🙂

    2. Da bist Du wirklich nicht alleine, mir geht das ganz oft so. Auch umgekehrt, also Bücher, die viele Leute furchtbar finden, begeistern mich irgendwie. Wenn es wirklich arg gehypte Sachen aus dem mainstream-Bereich sind, lasse ich die Buchbesprechung meist, ich denke grade z.B. gerade darüber nach, ob ich Camilla Läckbergs "Die Schneelöwin" total verreiße oder mir das schenke. Überall 5 Sterne und ich hab noch nie so einen…sorry…absoluten Müll gelesen. Von vorne bis hinten. Das nicht minder furchtbare, nur in einem anderen literarischen Anspruchs-Niveau-Bereich angesiedelte,vom Feuilleton bejubelte und letztjährig für den Buchpreis nominierte "Winters Garten" von Valerie Fritsch liegt mir auch noch wie ein Stein im Magen. Mal sehen, ob ich mir da noch was abringen kann. Aber gut zu wissen, dass es mir nicht alleine so geht. Manchmal fängt man da echt an zu zweifeln.

    3. Ja, bei mir kann das auch umgekehrt mal der Fall sein. Letztendlich muss man das wohl schlicht unter "Geschmacksache" abtun, aber ich zweifle vor allem deshalb oft, weil ich gar nicht recht einschätzen kann, welche Bücher ich mit Freude lesen werde und welche ich besser bleiben lasse (ich habe manchmal den Eindruck, dass andere Vielleser sich da selbst besser einschätzen können). Und ich habe deshalb manchmal fast eine Scheu davor, ein Buch, das ich toll fand, zu empfehlen.

      Ganz so schlimm fand ich ja zum Glück diesen Roman hier nicht – eher so "lala". Wenn er nicht in eine Challenge fallen würde, hätte ich ihn vermutlich nicht rezensiert.

  2. Tja, das kommt halt einfach vor – Geschmack ist eben doch was sehr individuelles. Und ich kann deine Kritikpunkte alle total nachvollziehen und habe das teilweise durchaus genauso empfunden beim lesen – die Charaktere z.B. sind einfach platt. Aber ich fand den Rest einfach spannend und die Welt toll, und dann konnte ich das so hinnehmen und trotzdem mit Vergnügen weiterlesen. Ungefähr so, wie ich bei einem Film wie "Stirb langsam" oder sowas Spaß haben kann, obwohl die Handlung sinnlos ist und die Charaktere ebenso platt sind. Hauptsache, es macht Bumm! 😉
    Ich glaube, wenn die Liebesgeschichte mehr im Vordergrund gestanden hätte, so dass ich es als solche hätte lesen müssen, dann hätte mich das auch gestört. So war es mir egal, ob die sich knall auf fall und glaubwürdig verlieben, weil ich das nur so nebenbei aufgenommen habe.

    1. Mir geht das ja auch oft so bei Büchern, dass ich zwar Kritikpunkte sehe, aber trotzdem große Freude beim Lesen habe. Hier hat es mich leider zu sehr gestört bzw. war mein größtes Problem wohl, dass ich den Roman einfach nicht spannend fand und deshalb nicht genug hineingezogen wurde, um die Schwächen ignorieren zu können.

  3. Für mich war die Liebesgeschichte auch nicht so wichtig, deswegen hat mir das Buch sehr gut gefallen. Vielleicht gefällt dir der zweite Teil besser, das ist jedenfalls eine andere Art von Liebesgeschichte. Wenn es danach aber noch nicht gezündet hat, solltest du besser abbrechen.

    Ich traue mich auch gar nicht mehr, dir ein Buch zu empfehlen. Oder doch, eins: "Red Rising" von Pierce Brown. Da würde mich das Ergebnis dann doch mal interessieren 😀

    1. Ich kann momentan gar nicht so recht sagen, was ich vom 2. Band halte. Schlecht finde ich ihn nicht, aber so richtig fesseln kann er mich auch nicht.
      Red Rising steht, glaub ich, noch auf meiner Wunschliste. 😉

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