erschienen bei mare
Dirk Liesemer beschreibt in diesem Buch dreißig imaginäre Inseln, die es nie gab und die doch von Augenzeugen beschrieben werden, auf Karten auftauchen und bisweilen sogar auf Google Earth. Er erzählt von ihrer Entdeckung, der späteren Suche danach und der schließlich folgenden Ernüchterung, wenn sich herausstellte, dass es die Insel nie gab.
Da ich Judith Schalanskys Atlas der abgelegenen Inseln (ebenfalls aus dem mare Verlag) liebe, hat dieses Buch mit ähnlicher Aufmachung und einem verwandten Thema schnell meine Aufmerksamkeit erregt. Tatsächlich ist auch das „Lexikon der Phantominseln“ innen wie außen sehr schön gestaltet mit einem Lesebändchen, einem blauen Buchschnitt, einer Überblickskarte und Einzelkarten zu jeder Insel mit Angaben zu ihrer Position, ihrer Größe, ihren Sichtungen und ihrer etwaigen Eintragung auf Karten.
Die Inseln, die der Autor darin beschreibt, sind ebenso unterschiedlich wie die Gründe für die Täuschung. Da finden sich etwa Inseln, die zunächst in literarischen oder religiösen Texten aufgetaucht sind und dann auch tatsächlich gesichtet wurden wie etwa die Sankt-Brendan-Inseln, aber auch Inseln, die nur in der Literatur oder Gerüchten existierten wie Atlantis und Rupes Nigra. Dann gibt es vor allem in den Polarregionen etliche Inseln, die sogar mehrfach gesichtet wurden, aber wohl nur ein Eisberg oder eine Sinnestäuschung waren. Manchmal wurden sie auch schlichtweg mit anderen, tatsächlich existierenden Inseln durcheinandergebracht und für eine neue Entdeckung gehalten.
Mir war vor der Lektüre des Buches nie bewusst, wie viele solcher imaginären Inseln es gibt
und wie oft diese sogar mehrmals auf Karten verzeichnet wurden.
und wie oft diese sogar mehrmals auf Karten verzeichnet wurden.
Spannend fand ich vor allem die Suche nach ihnen, wenn etwa das Luftschiff Graf Zeppelin die Existenz von Harmsworth Island widerlegt, drei Polarforscher mit Hundeschlitten nach New South Greenland aufbrechen oder ein Ozeanologe angeblich zeitlebens nach der Insel Kantia sucht (eine Geschichte, die sich später als reine Erfindung herausstellte).
Es sind faszinierende Geschichten, die Dirk Liesemer hier akribisch zusammengetragen hat und viele der Texte laden dazu ein, sich noch eingehender mit der jeweiligen Insel zu beschäftigen. Da das Buch ein nach Inseln geordnetes Literaturverzeichnis enthält, steht auch einer intensiveren Beschäftigung nichts im Wege.
Da sich, wie schon erwähnt, der Vergleich zu dem „Atlas der abgelegenen Inseln“ nahezu aufdrängt, hier meine Gedanken dazu: Mir hat grafisch Judith Schalanskys Buch besser gefallen – es wirkt etwas mehr aus einem Guss und die Karten profitieren von dem größeren Format des Buches. Trotzdem hat mir auch die Gestaltung von Liesemers Buch sehr gut gefallen und die handliche Größe sorgt für ein entspannteres Lesen.
Während Schalansy eher Momentaufnahmen und einzelne Anekdoten erzählt, bekommt man hier ein umfassenderes Bild der jeweiligen Inseln. Der Autor bemüht sich um eine lückenlose chronologische Darstellung von der ersten Sichtung bis zur Widerlegung der Existenz, was das Buch äußerst informativ macht. Sein Stil ist eher nüchtern, aber flüssig lesbar.
Ich mochte beide Bücher sehr gern, aber während mich der „Atlas der abgelegenen Inseln“ auf der kreativ-emotionalen Ebene mehr angesprochen hat, kann ich Liesemers „Lexikon der Phantominseln“ allen wärmstens ans Herz legen, die ein wirklich informatives Buch zu einem spannenden (und sonst wenig beachteten) Thema lesen möchten.
Das klingt wirklich interessant. Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht, dass fiktive Inseln als reale Orte angesehen werden könnten und welche Folgen das haben könnte.
Dass man teilweise so intensiv nach fiktiven Inseln aus Literatur/Legenden gesucht hat, fand ich auch erstaunlich. Aber besonders fasziniert haben mich auch Inseln, die ganz ohne eine vorherige Erwähnung in literarischen Texten mehrmals gesichtet und in Karten verzeichnet wurden – und später dann aber nie wieder gefunden wurden.
Das ist schon auch faszinierend, aber vermutlich in vielen Fällen auch erklärlich, oder? Ich meine, allein schon aufgrund der Ungenauigkeit einiger Messmethoden bzw. Messinstrumente müsste es da teilweise zu interessanten "Entdeckungen" gekommen sein.
Die Messungen waren da großteils schon recht präzise, aber gerade in den Polarregionen (in denen einige solche Phantominseln verzeichnet waren) ließ sich das wohl oft durch Eisberge erklären. Trotzdem hat sich in manchen Fällen keine plausible Erklärung gefunden – so etwas finde ich dann immer besonders spannend.
Ja, das ist es wirklich!
Das klingt ja interessant! Und auf so ein Thema wäre ich nie gekommen – auch nicht darauf, so etwas im Buchregal zu suchen… Inseln, die es gar nicht wirklich gibt?! Cool 🙂
Habe vor einigen Tagen "Atlas der ungewöhnlichsten Orte" gelesen. Da geht´s nicht nur um Inseln, sondern um alles mögliche, aber ebenfalls sehr interessant. Ich glaube, ich muss häufiger ein Auge auf solche Bücher werfen 🙂
Ich habe ja eine totale Schwäche für solche Themen. Der "Atlas der ungewöhnlichen Orte" tummelt sich auf meiner Wunschliste neben Büchern wie "Atlas der unentdeckten Länder", "Seltsame Karten: Ein Atlas kartographischer Kuriositäten" und "Die seltsamsten Orte der Welt". 🙂
Solche Themen finde ich auch immer sehr interessant. Von diesem Buch habe ich vorher noch nicht gehört, deine Rezension macht mich aber neugierig auf das Buch. Hab mir den Titel mal auf die Merkliste gesetzt. Also danke fürs vorstellen 🙂
*Wunschlisteergänzengeh*