Rezensionen Sachbuch

Toni Morrison – Die Herkunft der anderen. Über Rasse, Rassismus und Literatur

  erschienen bei Rowohlt

 

2016 hielt die amerikanische Literaturnobelpreis-Trägerin Toni Morrison eine Vorlesungsreihe an der Harvard University zum Thema Rassismus und Literatur. Die Vorträge wurden 2017 auf Englisch publiziert und 2018 schließlich auf Deutsch übersetzt.

In den sechs Essays beleuchtet die Autorin das Thema Rasse und Rassismus und besonders auch das Konzept des „Andersseins“. Sie geht der Frage nach, woher diese Vorstellung und Abgrenzung von den „anderen“ kommt, was das für die eigene Identität und das Gefühl einer Zugehörigkeit bedeutet und wie auf diese Weise auch menschliche Verbrechen legitimiert wurden (und werden). Dabei bezieht sich Toni Morrison sowohl auf aktuelle Ereignisse als auch auf den Umgang mit Sklaven im 19. Jahrhundert.

Vor allem aber geht es auch um den literarischen Umgang mit Rassismus. Toni Morrison schafft verschiedene Zugänge zu diesem Thema – so geht es etwa in einem Kapitel um die Romantisierung von Sklaverei und in einem anderen um die Darstellung von Afrika in der (westlichen) Literatur. Sie stellt einige – positive wie negative – literarische Werke beispielhaft in den Mittelpunkt und bespricht z.B. „Onkel Toms Hütte“ von Harriet Beecher Stowe, „Der Garten Eden“ von Ernest Hemingway und „Der Blick des Königs“ von Camara Laye. Besonders interessant ist die Auseinandersetzung mit ihren eigenen Werken. So erzählt sie die traurige Geschichte von Margaret Garner, die den historischen Hintergrund von „Menschenkind“ bildet und erläutert auch, wie sie sich literarisch dem Thema Rassismus nähert und was die Intention ihrer Romane ist.

Ich habe „Die Herkunft der anderen“ sehr interessant gefunden. Es ist ein (notwendig) unbequemes Buch, das sowohl Probleme der Vergangenheit anspricht als auch aktuelle Konflikte beleuchtet. Dennoch sind die Essays nicht hoffnungslos – Toni Morrison überlegt auch, wie man den Problemen begegnen kann. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt trotzdem: Seit sie die Vorträge im Sommer 2016 gehalten hat, hat sich die Weltpolitik nicht gerade zum Positiven verändert. 

2 thoughts on “Toni Morrison – Die Herkunft der anderen. Über Rasse, Rassismus und Literatur

  1. Das klingt wirklich nach einer interessanten Lektüre. Und leider hast du recht, die Weltlage hat sich in den vergangenen zwei Jahren nicht gerade zum Besseren gewandelt …

  2. Feinen Sonntag, Neyasha.
    Die Abgrenzung funktioniert auf allerlei Ebenen leider & nach wie vor ausgesprochen gut, wenn es um des „Spiel“ der Macht (über andere) geht. Egal ob in der eigenen Familie, der Nachbarschaft, der Gemeinde, der Gegend…es genügt einen Aufhänger zum Pranger umzufunktionieren & irgendein Mob wird sich schnell zusammenfinden.
    Die Brandstifter lassen sich dabei dann gernst auf den Schild heben.

    Der Rassismus wiederum – abgesehen von seiner offensichtlichen Abscheulichkeit – mag auch ein Paradebeispiel für die Definiton von Lächerlichkeit abgeben; wenn man/frau bedenkt von wo aus der Homo sapiens die Reise um den Globus aus begonnen hat. Die Mär von einer „Reinrassigkeit“ führt sich, im weiteren Nachdenkprozess, auch dadurch ad absurdum, dass nicht alle den selben Ton einer Farbe haben können.

    bonté

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