Buchstabengeplauder

Buchstabengeplauder #4/2020

Vor einer Weile habe ich mich mit meiner Arbeitskollegin darüber unterhalten, dass ich noch immer Probleme habe, mich aufs Lesen zu konzentrieren, woraufhin sie meinte: „Dann liest du derzeit die falschen Bücher.“ Das hat mir zu denken gegeben und in der Tat: Als ich daraufhin zu gänzlich anderer Lektüre gegriffen habe, ging es mit dem Lesen wieder besser.

Davor bestand meine aktuelle Lektüre aus einem Sachbuch („Tiefsee. Von Schwarzen Rauchern und blinkenden Fischen“ von Dagmar Röhrlich) und einem Buch für meine Nobelpreisträger-Challenge („Das Fischkonzert“ von Halldor Laxness). Beides sehr interessante Bücher, die allerdings viel Konzentration beim Lesen erforderten. Noch dazu dachte ich, dass ich das Sachbuch bald in die Bücherei zurückbringen müsste, was eine gewisse Stresskomponente mit hinein gebracht hat. Obwohl die Büchereien ab Mitte Mai wieder öffnen, wurde mir aber jetzt das Buch automatisch bis Ende Juni verlängert – somit konnte ich es jetzt auch ohne Stress nochmal beiseite legen.

Stattdessen habe ich mich in der Onleihe mit leichter Jugendliteratur eingedeckt. Zuerst habe ich „13 Litte Blue Envelopes“ und „The Last Litte Blue Envelope“ von Maureen Johnson gelesen, wo ein Mädchen von ihrer kürzlich verstorbenen Tante auf eine Reise durch Europa geschickt wird. Beide Romane waren kein großer Wurf (eher oberflächlich, nicht sonderlich realistisch), aber trotzdem unterhaltsam und so leicht zu lesen, dass ich tatsächlich keine Probleme hatte, mich darauf zu konzentrieren. Da das so gut geklappt hat, habe ich mir als nächstes gleich noch ein ähnliches e-Book heruntergeladen: „The Other Side of Lost“ von Jessi Kirby. Auch hier geht es um eine Reise, aber der Roman geht mehr in die Tiefe als die vorigen beiden. Es geht darin um die 18jährige Mari, die ein vermeintlich perfektes Instagram-Leben führt, bis ihr bewusst wird, dass es nur ein Scheinleben für mehr Likes und Follower ist. Daraufhin bricht sie auf, um den John Muir Trail zu wandern – ein Unternehmen, das sie ursprünglich mit ihrer mittlerweile verstorbenen Cousine geplant hatte.

Ansonsten kehrt hier wieder so etwas wie ein normaler Alltag ein – und gleichzeitig auch nicht. Ich mag diesen Begriff „neue Normalität“ nicht, weil es es genau das nicht ist. Es ist noch immer ein Ausnahmezustand und wir sind auch noch nicht „nach Corona“, auch wenn das sehr viele so empfinden scheinen. Tatsächlich kämpfe ich mit der aktuellen Situation auf eine gewisse Weise mehr als mit den Ausgangsbeschränkungen davor, auch wenn es mir schwer fällt es zu erklären. Vielleicht ist es Überforderung, weil nun rundherum nicht nur die Erwartung, sondern sogar der Druck da ist, man müsse nun zur „Normalität“ zurückkehren; vielleicht ist es Sorge, weil überall die Vorsicht nachzulassen scheint; vielleicht hängt es auch mit den beunruhigenden Entwicklungen in anderen Ländern zusammen. Und vielleicht liegt es auch nur am Stress in der Arbeit, wo wir noch immer viel mit Umplanen, Absagen und Verschieben beschäftigt sind (sowie mit einer Dienstübergabe, da meine Kollegin bald in Karenz geht).

Das alles führt auf jeden Fall dazu, dass ich gerade nicht allzu produktiv bin und außerdem noch eine Weile bei locker-flockiger Lektüre bleiben werde. Zum Glück habe ich auch wieder Puzzle-Nachschub und muss also nur noch das geeignete nächste Hörbuch finden.

Wie geht es euch? Vergrabt ihr euch in Büchern oder habt ihr auch Probleme, euch aufs Lesen zu konzentrieren? Welche Genres lest ihr derzeit am liebsten?

11 thoughts on “Buchstabengeplauder #4/2020

  1. Hallo Neyasha,
    heute nehme ich mir mal die Zeit, bei dir vorbeizuschauen. Normal ist definitiv überhaupt nichts. Das merke ich beständig auf der Arbeit, wo fast jeden Tag neue Regelungen eingeführt werden und alle möglichen Abläufe angepasst wurden. Zum Beispiel gibt es bei uns derzeit nur Essen-to-go in der Kantine und wir essen entgegen der Vorgaben zu Zweit draußen im Innenhof, ganz alleine wäre mir doch zu deprimierend.
    Gelesen habe ich seit dem Osterurlaub überhaupt nicht mehr, da einfach so viele Sachen nach Feierabend anstehen und mir auch die rechte Stimmung für das Lesen fehlt. Ich hoffe aber, dass ich ab Juni wieder etwas mehr lese, wenn ich zumindest eins, zwei Baustellen abgeschlossen habe.
    Jedenfalls finde ich es total nachvollziehbar, dass dir nach „leichter“ Lektüre zumute ist. Der Alltag ist anstrengend genug, wir befinden uns im Dauerstress, da ist es wohltuend, abends einfach abzuschalten.
    Viele Grüße
    Elena

    1. Hallo Elena!
      Ja, hier werden auch jeden Tag neue Regelungen eingeführt und oft auch extrem knapp. Übermorgen dürfen Bibliotheken, Museen und die Gastronomie wieder öffnen – die Verordnung darüber ist aber erst heute veröffentlicht worden.
      Das mit dem Dauerstress muss ich mir selbst immer wieder sagen, wenn ich „zu streng“ mit mir werde. Dadurch, dass so viele wieder zum gewöhnlichen Alltag überzugehen scheinen, habe ich oft das Gefühl, ich müsste jetzt wieder normal funktionieren. Aber die Situation als ganzes ist halt noch immer anstrengend und seltsam.

  2. Guten Morgen! 🙂

    Mir geht es da sehr ähnlich wie dir: Wie viel ich aktuell lese und wie gut ich mich gerade auf ein Buch einlassen kann, hat sehr viel mit dem Genre zu tun. Aktuell lese ich ein vermutlich eigentlich ganz gutes Buch („Das eiserne Herz des Charlie Berg“). Die Handlung fließt aber etwas langsam, so dass ich oft schon nach wenigen Seiten abschweife. Verschlungen habe ich vor kurzem den neuen Thriller von U. Poznanski, weil mich die Geschichte einfach so an die Seiten gefesselt hat.

    Mal gucken, ob ich vielleicht demnächst mein Buch pausieren lasse und mir ein anderes schnappe. Ich gebe mir heute nochmal einen Versuch, ansonsten muss die Geschichte erstmal warten.

    Liebe Grüße,
    Christine

    1. Schade, dass dein aktuelles Buch gerade nicht so recht in Gang kommen will.
      Meine Nichte ist auch ein totaler Poznanski-Fan. Mich haben ihre Romane nach „Erebos“ eher enttäuscht, daher habe ich inzwischen länger nichts mehr von ihr gelesen. Ich habe aber schon über einen Reread von „Erebos“ nachgedacht und vielleicht probiere ich es ja doch auch mal mit einem neueren Buch von ihr – mit „Erebos 2“ etwa.

  3. Huhu! Mir geht es ähnlich wie dir: Irgendwie finde ich diese Zeit gerade fast noch „schlimmer“ als die Corona-Wochen davor, die wirklich Auszeit bedeuteten. Meiner Meinung nach gehen die aktuellen Lockerungen zu schnell und zu gravierend und deswegen geht es beispielsweise mir so, dass ich es überhaupt nicht mag, wie locker und easy momentan schon so viele damit umgehen. Soviele pfeifen auf Abstand-halten, tragen keine Masken – ja, machen sich sogar lustig über die, die sich (noch) dran halten, und führen irgendwelche schrägen Diskussionen. Diese Ignoranz der anderen macht mich an manchen Tagen richtig fertig und führt dann im Umkehrschluss dazu, dass ich mir fast blöd und „spießig“ vorkomme, weil ich da immer lieber noch sehr vorsichtig bin. Und deswegen finde ich die Tage aktuell irgendwie ziemlich schwierig und anstrengend.
    Zu deiner Lesethematik: Mir geht´s da auch so, dass ich manche Bücher manchmal einfach nicht lesen kann, auch wenn sie mir gefallen. Dann ist da gerade einfach die falsche Zeit für. In derselben „Phase“ stecke ich auch gerade, weshalb ich aktuell bestimmt 6 angefangene Bücher hier liegen habe, und in keinem lese ich wirklich weiter. Die Bücher von Jessi Kirby mag ich übrigens sehr. Das sind zwar schon Jugendbücher mit Jugendthemen, ja, und deshalb sicher auch etwas „leichtere Kost“. Aber ich mag, dass sie diese Themen trotzdem nicht so belanglos wirken lässt, nicht einfach nur so ein 0815-Jugendbuch sein lässt. Ich weiß noch, dass „Dein eines, wildes, kostbares Leben“ damals nach dem Lesen lange in mir nachgehallt hat. Und auch „Der Soundtrack meines Lebens“ hat mir gut gefallen. Manchmal muss es eben auch genau solche Literatur sein, das finde ich völlig ok.

    1. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie du dich fühlst. Ich finde die Zeit jetzt auch gerade anstrengender als die ersten Wochen des Lockdowns. Dieses Gefühl, „spießig“ und überängstlich zu sein, weil ich weiterhin vorsichtig bin, habe ich auch. Und die ganzen Diskussionen sind extrem ermüdend.
      Das Buch von Jessi Kirby hat mir übrigens sehr gut gefallen! Ich fand es auch gut, wie sie mit den Themen darin umgegangen ist und habe danach sofort weitere Bücher von ihr recherchiert. Inhaltlich hat mich jetzt keins so richtig angesprungen, aber ich werde bestimmt noch mehr von ihr lesen.

  4. Schön zu lesen, dass du nur zu einem anderen Genre greifen musstest, um wieder Spaß am Lesen zu haben. Du hast da eine sehr kluge Kollegin. 🙂

    Und ja, ich finde es auch anstrengend, dass rundum so viele Menschen der Meinung zu sein scheinen, dass alles wieder normal ist, dass Maskentragen übertrieben sei und überhaupt wird es Zeit wieder rauszugehen und seinen Spaß zu haben. Heute gab es die ersten Meldungen von mehreren Neuansteckungen (einmal über einen Gottesdienst, einmal über ein Restaurant) und trotzdem wird erst einmal abgewartet, ob es mit den aktuellen Regelungen nicht doch irgendwie klappt.

    Hat es sich bei dir denn inzwischen eingependelt oder ist es immer noch so anstrengend mit all den Änderungen und Neuplanungen bei der Arbeit?

    1. Bei mir hat es sich inzwischen besser eingependelt, heute war ich auch erstmals bei meiner Familie, wenn auch nur für den Nachmittag. Bislang scheint es, als hätten sich die Fallzahlen trotz Lockerungen wirklich stabilisiert. Ich hoffe mal, dass es so bleibt und dass nicht in Wahrheit die Dunkelziffer wieder steigt.
      In der Arbeit ist es immer noch sehr anstrengend. Am Freitag gab es dann eine Sache, die ich das ganze Wochenende nicht aus dem Kopf bekommen habe – ich hoffe, dass wir das morgen klären können. Das Problem ist auch, dass ich eigentlicht nur noch im Panik- und Stressmodus bin, da nun die Karenz meiner Kollegin (unserer Abteilungsleiterin) näherrückt. Ich kann mir noch nicht recht vorstellen, wie es ohne sie sein wird. 🙁

      1. „Besser eingependelt“ klingt gut, ebenso wie das stabilisieren der Fallzahlen und bestimmt war es schön, dass du deine Familie mal wiedersehen konntest. 🙂

        Aber es ist schade, dass es bei der Arbeit so anstrengend ist und es durch den Wegfall deiner Kollegin bald noch stressiger wird. Gibt es schon einen Ersatz für sie? Oder müsst ihr/musst du sie vollständig ersetzen? Ich drücke die Daumen, dass trotz ihrer Karenz (Mutterschutz?) alles in den kommenden Wochen einigermaßen problemlos laufen wird, damit du nicht länger so viel Stress hast.

        1. Ich bin zugegeben inzwischen schon wieder skeptisch ob der schnellen Lockerungen, die jetzt von einem Tag auf den anderen geschehen und der großen Aufbruchsstimmung im Hinblick auf den Sommertourismus. Hoffentlich führt das nicht zu einem neuen Ischgl nach dem Motto „so lange wir nicht testen, haben wir schöne Fallzahlen“. Aber vielleicht bin ich inzwischen auch schon übermisstrauisch.

          Einen Ersatz für meine Kollegin wird es nicht geben. Wir bekommen ein wenig Unterstützung, aber es wird auf jeden Fall sehr arbeitsintensiv.

        2. Ich glaube, dass man bei diesem Virus einfach nicht übermisstrauisch sein kann!

          Uff, kein Ersatz für die Kollegin? Das wird wirklich eine harte Zeit werden – pass gut auf dich auf und denk daran gut mit deiner Kraft zu haushalten. 🙂

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