Phantastisch Rezensionen

Siri Pettersen – Rabenringe-Trilogie

Hörbücher gelesen von Konstantin Graudus; erschienen bei Hörcompany

Die fünfzehnjährige Hirka fühlte sich in Ymsland immer wie eine Außenseiterin. Als sie erfährt, dass sie ein Odinskind ist, eine Schwanzlose, wirbelt das nicht nur ihre eigene Welt durcheinander, sondern es bringt auch den mächtigen Rat gegen sie auf. Zwar bekommt sie Unterstützung von ihrem Kindheitsfreund, dem Krieger Rime, und auch von anderer unerwarteter Seite, aber sie weiß, dass sie hier keine Heimat mehr hat und sich auf die Suche nach ihrer Herkunft machen muss: Auf der anderen Seite der Steintore.

Die Rabenringe-Trilogie der norwegischen Autorin Siri Pettersen besteht aus den drei Bänden „Odinskind“, „Fäulnis“ und „Gabe“ und entfaltet eine komplexe, ungewöhnliche Fantasygeschichte. Sie beginnt in der nordisch angehauchten Welt Ymsland, deren vielschichtige Kultur und Gesellschaft mich schnell in ihren Bann gezogen haben.

Obwohl man die Trilogie getrost als „episch“ bezeichnen kann und es an actiongeladenen Szenen nicht mangelt, ist die Erzählweise eher ruhig. Die Autorin nimmt sich viel Zeit, ihre Figuren und die sorgfältig ausgearbeitete Hintergrundwelt einzuführen und das ist auch gut so. Denn in den Büchern werden so viele Rätsel ins Spiel gebracht und so viele ungewöhnliche Konzepte entworfen, dass man sich beim Lesen (oder Hören) sehr konzentrieren muss. Kaum werden Fragen beantwortet, tauchen auch schon wieder neue auf und immer wieder stellt sich heraus, dass vieles ganz anders ist als es zunächst schien.

Mich hat diese Trilogie sehr fasziniert, wobei mir der erste Band am besten gefallen hat. Das liegt vor allem daran, dass die Welt Ymsland genau meinen Nerv getroffen hat. Ich mochte die Anklänge an die nordische Mythologie, die der Welt etwas vertrautes gaben, obwohl sie dank der originellen Gesellschaftsstrukturen und Glaubensvorstellungen zugleich sehr eigenständig wirkt. Die Folgebände haben mich dann leider ein wenig enttäuscht, was vor allem am Setting lag. Ich möchte jetzt nicht zuviel verraten, aber nur soviel sei gesagt: Es handelt sich bei dieser Trilogie um „Crossover“-Fantasy, das heißt, es geht durch Tore auch in unsere eigene Welt und schließlich noch in weitere, äußerst fremdartige. Ich persönlich bin kein großer Fan davon, wenn historische oder phantastische Figuren in unserer modernen Welt landen und bin mir nicht sicher, ob ich diese Trilogie überhaupt begonnen hätte, wenn ich gewusst hätte, dass das hier der Fall sein würde.

Trotzdem habe ich die Trilogie weitergelesen und auch genossen, was vor allem an den sehr interessanten und komplexen Figuren und ihren Beziehungen zueinander lag. Man erlebt die Geschichte nicht nur aus der Sicht von Hirka, sondern folgt auch Rime auf seiner ganz eigenen Reise und schlüpft in die Perspektiven von Charakteren, die man vielleicht als Bösewichte, auf jeden Fall aber als sehr ambivalent bezeichnen kann. Ich wollte außerdem Antworten auf die vielen aufgeworfenen Fragen bekommen und war sehr neugierig, wie sich die Handlung weiter entwickeln würde, da es immer wieder neue unerwartete Wendungen gab.

Ich hätte bei der Lektüre des ersten Bandes noch gedacht, dass diese Trilogie das Zeug hat zu einer meiner absoluten Lieblinge zu werden. Das konnte ich dann leider bei den Folgebänden nicht mehr sagen, was nicht daran lag, dass die Spannung der Handlung abfiel oder sie per se „schlechter“ wurden, sondern an meinen persönlichen Vorlieben. Ich wäre einfach lieber für die gesamte Zeit in Ymsland geblieben.

Die Rabenringe-Trilogie wird als Jugendfantasy vermarktet, was ich nur bedingt nachvollziehen kann. Natürlich, Hirka und Rime sind beide im Teenager-Alter und für beide ist es auf eine gewisse Weise auch eine Coming-of-Age- sowie Selbstfindungsgeschichte. Allerdings sind die Bücher in der Darstellung von Gewalt und Sex durchaus explizit und in vielerlei Hinsicht so ungewöhnlich, dass man wohl eine gewisse Leseerfahrung braucht, um sich darin zurechtzufinden. Meiner Einschätzung nach ist die Trilogie daher sicher für jugendliche VielleserInnen geeignet, mindestens ebenso gut aber für Erwachsene.

Alles in allem eine sehr interessante Fantasyreihe, die mit vielschichtigen Figuren, gut ausgeformten Kulturen und originellen Ideen überzeugen kann. Für mich war nur leider das Setting ab Band 2 nicht ganz das, was ich mir davon erwartet und erhofft hatte.

3 thoughts on “Siri Pettersen – Rabenringe-Trilogie

  1. Juhu, vielen Dank! 🙂 🙂

    Das hört sich auf jeden Fall total interessant an. Ich kann verstehen, dass du den Cross-Over-Teil nicht so mochtest. Ich glaube, ich werde mich nicht daran stören, wenn ich es vorher weiß. Mal sehen … Ich kenne es aber, wenn eigentlich zunächst realistische Bücher plötzlich ins Übersinnliche/Märchenhafte abdriften. Den Wechsel in diese Richtung finde ich persönlich auch immer sehr schwierig.

    Liebe Grüße

    1. Ja, bei mir wäre es vielleicht auch anders gewesen, wenn ich darauf eingestellt gewesen wäre. Ich habe einfach nicht damit gerechnet, dass es in unsere Welt geht bzw. zumindest nicht in unsere moderne Welt, da ich aufgrund des Titels „Odinskind“ dachte, dass die Verbindung eher zu einem altnordisches/mythologischen Setting besteht.
      Mit einem unerwarteten Abdriften ins Übersinnliche/Märchenhafte tu ich mir umgekehrt auch oft schwer.

      1. Ich hab aktuell noch ziemlich viele ungelesene Fantasybücher in meinem Regal. Da muss ich echt dringend erst ein bisschen von lesen. Aber dann werde ich mir auf jeden Fall den ersten Band mal kaufen.
        Ich bin ja jetzt vorgewarnt! 😀

Leave a Reply to Tine Cancel reply

Your email address will not be published.