Rezensionen

Charly von Feyerabend – Ich glaub, mich knutscht ein Troll

erschienen bei Schwarzkopf & Schwarzkopf, nur noch als E-Book erhältlich

Nach einer schmerzhaften Trennung flüchtet Ina nach Oslo zu ihrer Freundin Ronja. Diese vermittelt ihr prompt einen Job in einem Hotel, der Ina den gewünschten Neuanfang ermöglichen soll. Doch dann taucht ihr Exfreund Sven in Oslo auf und wirbelt ihre Gefühle ordentlich durcheinander.

Als ich in Oslo war, hatte ich Lust auf passende Lektüre und dieses Buch klang nach einem locker-flockigen Lesevergnügen. Ich lese manchmal durchaus gern leichte Romane dieser Art, aber irgendwie habe ich kein Händchen dafür und erwische nur selten welche, die mir dann tatsächlich auch gefallen. Und so war es leider auch dieses Mal.

Es fing schon damit an, dass Oslo beschrieben wird, als wollte die Autorin nur schnell ein paar Checkpunkte abarbeiten. Überraschenderweise hat Charly von Feyerabend selbst einige Zeit dort gelebt – aber das hätte ich dem Roman niemals angemerkt. Oslo wird oberflächlich und plump beschrieben und tritt bald so in den Hintergrund, dass der Roman in jeder beliebigen Stadt hätte spielen können. Mein Wunsch nach norwegischem Flair wurde also nicht wirklich erfüllt, aber das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn Plot und Figuren das wieder gut gemacht hätten. Aber auch das war leider nicht der Fall.

Ina ist eine der unsympathischsten Protagonistinnen, die mir jemals untergekommen ist. Bei ihrem Job im Hotel scheint sie alles nur zu nerven und ihre Arbeitsmoral ist auch dementsprechend. Die Art und Weise, wie sie ihre Arbeit macht und ihre Einstellung dazu wirkt sehr unreif und lässt sie auch deutlich jünger als 30 wirken, es hat mich eher an einen trotzigen Teenager erinnert. An allem, was schiefläuft, sind auch grundsätzlich nur andere Schuld – Selbstreflexion gleich null. Noch dazu verhält sie sich sowohl ihren Freunden als auch ihrer Familie gegenüber meistens egoistisch und rücksichtslos. Man könnte jetzt meinen, dass das zumindest einiges an Entwicklungspotenzial bietet, aber Ina verändert sich im Laufe der Geschichte kaum und scheint am Ende nicht wirklich etwas dazugelernt zu haben.

Da ihr Liebeskummer ziemlich viel Raum einnimmt, wäre es hilfreich gewesen, sie und Sven als Liebespaar kennenzulernen. Da zu Beginn die Trennung aber schon eine Weile zurückliegt, erfährt man lediglich aus Inas Perspektive, wie groß die Liebe war und wie toll sie und Sven einander verstanden haben, während man als Leserin Sven nicht gerade von seiner besten Seite kennenlernt. Das macht es dann auch schwierig das Verhältnis der beiden zueinander sowie Inas Gefühlsverwicklungen zu verstehen.

Immerhin war das Buch schnell zu lesen und ich fand die seicht-klischeehafte Geschichte so schlecht, dass es schon wieder amüsant war. Obwohl mir kaum etwas daran gefallen hat, hatte ich also auf eine seltsame Weise trotzdem eine unterhaltsame Zeit damit. Weiterempfehlen kann ich es (wenig überraschend) dennoch nicht.

5 thoughts on “Charly von Feyerabend – Ich glaub, mich knutscht ein Troll

  1. Wow, ich hätte nicht erwartet, dass du am Ende schreiben würdest, dass du dich trotz all der Kritikpunkte trotzdem unterhalten gefühlt hast. Ich ärgere mich ja immer gern über solche Bücher und Figuren und fühle mich persönlich beleidigt, weil Autor.in und Verlag meine Zeit mit sowas verschwenden wollen. 😉

    1. Haha, ja, ich hab mich schon auch über den Roman geärgert, aber andererseits fand ich ihn tatsächlich auf eine unterhaltsame Weise schlecht. Sowas passiert mir ab und zu bei Büchern.

      1. Um mich über schlechte Bücher zu amüsieren, benötige ich in der Regel dann doch irgendwas, was ich daran mag. Und es klingt nicht so, als ob du das bei diesem Roman gefunden hättest. 😉

  2. Doch, ich kenne das auch – warst du noch dabei, als ich das schlechteste Piratenbuch aller Zeiten kapitelweise in unserem Autorenforum zerlegt habe? Da ging es mir ähnlich – es war so schlecht, dass ich es unterhaltsam fand, mich über die Schlechtigkeit aufzuregen. OK, und da kam noch dazu, dass ich eine diebische Freude daran hatte, das auf lustige Art und Weise für euch aufzudröseln … 😉

    1. Ich glaube, ich kann mich erinnern. Es ist ein ähnliches Phänomen wie z.B. der Film „Sharknado“, den ich einfach herrlich fand (wobei ich hier auch schon mit den entsprechenden Erwartungen heranging und der Film sich ja auch selbst nicht ernst nimmt).

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