erschienen bei Penguin Random House
Als die Nigerianerin Ifemelu ein Stipendium für ein Studium in den USA erhält, meint sie sich am Ziel ihrer Träume. Aber ihr Leben dort ist ein ständiger Kampf, umso mehr, als ihre Jugendliebe Obinze kein Visum für die USA erhält und stattdessen als illegaler Einwanderer in London strandet. Jahre später steht Ifemelu vor der Entscheidung, ob sie in ihre Heimat zurückkehren soll – und zu Obinze.
Vor ein paar Jahren war ich begeistert von „Blauer Hibiskus“, dem Debütroman der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie. Daher war ich sehr neugierig auf „Americanah“, das vermutlich zumindest teils auf eigenen Erfahrungen Adichies basiert, die selbst für ihr Studium in die USA auswanderte.
Diesmal tat ich mir allerdings schwer damit in das Buch hineinzufinden. Es setzt zu dem Zeitpunkt ein, als Ifemelu sich dazu entschließt nach Nigeria zurückzukehren und wechselt dann immer wieder zwischen den Zeiten und Perspektiven: Es werden sowohl aus der Sicht von Ifemelu als auch von Obinze die Ereignisse der Vergangenheit und der Gegenwart geschildert. Diese Sprünge, aber auch die Fülle an Namen machten mir den Einstieg schwer, wobei es auch nicht gerade hilfreich war, dass ich meine Lektüre immer wieder für längere Zeit unterbrach. Vermutlich hätte ich die Namen und Zusammenhänge besser im Kopf behalten können, wenn ich ihn zügiger gelesen hätte.
Aber auch sonst konnte ich in diesen Roman emotional nicht so eintauchen wie in „Blauber Hibiskus“. Adichie beleuchtet zwar sehr anschaulich und differenziert das Leben der Mittelschicht in Nigeria, aber sobald Ifemelu und Obinze ihre Heimat verlassen, scheinen sie sehr stark eine Art Beobachterposition einzunehmen. Ich fand es interessant von ihren Erfahrungen zu lesen und finde, dass die Autorin sehr gut beschreibt, wie Ifemelu sich auf einmal ihrer Hautfarbe überdeutlich bewusst wird. Erst in den USA empfindet sie sich als schwarz, als „anders“, und dieses Anderssein bestimmt ihren Alltag, ihre Chancen bei der Jobsuche, ihre Freundschaften und Beziehungen. Aber mit fortschreitender Seitenzahl hatte ich das Gefühl, dass aus Ifemelus individuellen Erfahrungen immer mehr Thesen rund um das Thema Rassismus werden. Das wird noch dadurch verstärkt, dass Ifemelu auf einem Blog auch genau solche Themen analysiert und viele ihrer Blogartikel in die Handlung eingeflochten werden. Es kam mir vor, als ob Adichie zunehmend den Schwerpunkt auf eine (wenngleich wichtige und notwendige) Botschaft setzte und dabei die Handlung und die Charakterzeichungen aus den Augen verlor.
Erst als gegen Ende der Schauplatz zurück nach Nigeria wechselt, treten die Figuren wieder stärker in den Mittelpunkt, bekommt der Roman wieder einen emotionalen Anker. Ich war zwar nicht ganz glücklich damit, wie die Liebesgeschichte von Ifemelu und Obinze hier wieder aufgegriffen wird (um das genauer zu erläutern, müsste ich jetzt zuviel von der Handlung vorwegnehmen), aber dennoch rundete dieser Teil für mich den Roman letztendlich gut ab.
Fazit: Ein Roman, der sich mit interessanten Fragen rund um Identität und Rassismus befasst, dabei aber leider stellenweise Plot und Figuren vernachlässigt.
Ui, die Autorin habe ich ja auch immer noch auf meiner gedanklichen Wenn-ich-mal-wieder-richtig-lese-will-ich-das-lesen-Liste. Hm, wenn die Figuren hinter der Botschaft zurückstehen müssen, finde ich das natürlich eigentlich nicht so gut, trotzdem reizt mich die Thematik dieses Romans … Naja. Momentan sehe ich eh nicht, dass ich was derart Anspruchsvolles in nächster Zeit angehe, von daher – mal gucken.
Ich fand „Blauer Hibiskus“ von Adichie deutlich besser, allerdings behandelt das Buch eine ganz andere Thematik. Was das Thema dieses Romans betrifft, würde ich – wenn es nicht unbedingt Belletristik sein muss – fast eher „Die Herkunft der Anderen“ von Toni Morrison empfehlen (eine Sammlung von Essays).