Klassiker Rezensionen

Chaderlos de Laclos – Gefährliche Liebschaften

Genre: Briefroman
Seiten: 524
Verlag: Weltbild
Meine Bewertung: 3 von 5 Sternchen

Klassiker-Challenge  (Frankreich)

Frankreich im 18. Jahrhundert: Die Marquise von Merteuil und der Vicomte von Valmont beginnen ein perfides Spiel um Macht und Liebe. Valmont, der einen gewissen Ruf in der Pariser Oberschicht hat, fühlt sich durch die Treue und die strengen Moralvorstellungen der Präsidentin von Tourvel herausgefordert und möchte sie zu einer Liebschaft verführen. Als Belohnung dafür verspricht die Marquise ihm eine Nacht mit ihr.
Auch das unerfahrene Mädchen Cécile Volanges wird zum Opfer ihrer Intrigen, als ihre Mutter den Plänen von Valmont in die Wege kommt und die Marquise die Möglichkeit einer Rache an einem früheren Liebhaber von ihr sieht. So wird auch Cécile, die unschuldig in den jungen Danceny verliebt ist, zur Zielscheibe von Valmont.

Tja, ich versuche gar nicht erst, diesen Roman objektiv zu betrachten. Da ich vor zwei Jahren an einer Theateraufführung von Christopher Hamptons Bühnenfassung des Romans beteiligt war, kannte ich die Handlung bereits sehr gut und konnte einfach nicht umhin, den Briefroman mit dem Theaterstück zu vergleichen.
Es ist natürlich problematisch, einen Roman zu lesen, bei dem man die Handlung bereits so genau kennt. Spannung kann da natürlich keine mehr aufkommen.
Aber das alleine war nicht der Grund, weshalb sich die Briefe für mich sehr zäh lasen: Während bei dem Theaterstück die Handlung auf das Wesentliche konzentriert wird, bleibt in dem Roman Raum für eine viel ausführlichere Darstellung des Geschehens. Das hat den Vorteil, dass man einen besseren Einblick in die Figuren bekommt. Der Nachteil liegt aber auch auf der Hand: Oft scheint die Handlung auf der Stelle zu treten – und nicht nur sie: Selbst die Entwicklung der Figuren stagniert immer wieder über einen längeren Zeitraum. Gerade der Briefwechsel zwischen Valmont und Tourvel scheint auf der Stelle zu treten und sich im Kreis zu drehen. Das ist wohl durchaus so beabsichtigt, ist zum Lesen aber oft ermüdend.
Und so faszinierend auch der tiefere Einblick in das Innenleben der Figuren durch die Form des Briefromans ist – ich ziehe dennoch die Dialoge und direkten Konfrontationen des Theaterstücks vor. In den Gesprächen der beiden Intriganten Valmont und Merteuil entsteht eine unglaubliche Dynamik, die in den Briefen nicht in denselbem Ausmaß erkennbar ist.

Ich wollte ungern den Roman von Laclos mit der Bearbeitung von Hampton vergleichen, aber es ist für mich schlichtweg unmöglich, es nicht zu tun.
Der Briefroman bietet einen sehr interessanten – und auch beängstigenden – Einblick in die Gesellschaft der Pariser Oberschicht, und man beobachtet stellenweise fast atemlos, wie Tourvel und Cécile den Intriganten in die Fänge gehen, bis schließlich Valmont selbst zum Opfer der Machtspiele der Marquise von Merteuil wird.
Darin und in der Zeichung der Figuren liegt die Stärke des Romans – und hätte ich ihn bereits vor ein paar Jahren noch unbelastet gelesen, hätte ich ihn bestimmt besser bewertet.

So war es dann doch nur ein mittelmäßiges Leseerlebnis.

4 thoughts on “Chaderlos de Laclos – Gefährliche Liebschaften

  1. Hah, die Liebschaften sind durch! Ich liebe Sie. Jawohl. 😉 Allerdings war bei mir auch die Reihenfolge: Roman – Roman im Original – Film – Mon Dieu Es Gibt Noch Einen Film – Und Einen Dritten! – Leider – Und Noch Einmal Den Roman – Und Jetzt Live On Stage – Und Vielleicht Zur Abwechslung Den Roman ? – undsoweiterundsofort. (Und frag mich nicht, warum gerade Jedes! Wort! Groß! Geschrieben! Wird!)

    Warst Du vor dem Theaterstück eigentlich gänzlich Gefährliche Liebschaften unvorbelastet? (Äh. Ja. Genau. Klingt gut.)

    Liebe Grüße
    V.

  2. Den Roman hab ich ja auch auf meiner Liste, und da ich bis jetzt erst eine Verfilmung gesehen habe und die auch schon wieder ewig her ist, könnte ich mir nach deiner Rezension nun doch wieder vorstellen, dass mir das gefallen könnte. Naja. Werd ich bei Gelegenheit einmal austesten …

  3. Danke, dreamer. 🙂

    Astrid: Ich kann dir den Roman gern leihen.

    Und ja, ich war vor dem Theaterstück so ziemlich unbelastet. Hatte nur vorher irgendwann mal "Eiskalte Engel" gesehen und fand den furchtbar. Bei mir war die Reihenfolge: Theaterstück gelesen – "Valmont" gesehen – Probenzeit und Gefährliche Liebschaften bis zum Abwinken – Roman.
    Ich habs bisher noch nicht mal geschafft, mir die berühmteste Verfilmung mit John Malkovich anzusehen, weil ich mir irgendwie jede einzelne Figur anders vorstelle als in dem Film (also jetzt mal rein die Besetzung betrachtet). Aber irgendwann möchte ich den doch noch sehen.

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