Gegenwartsliteratur Rezensionen

Martin Suter – Lila, Lila

Genre: Roman/Gegenwartsliteratur
Seiten: 344
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3257234695
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternchen

Es klingt beinahe wie ein Märchen: Eine junge Literaturstudentin schickt das Manuskript ihres Freundes an einen Verlag, und der Roman wird nicht nur veröffentlicht, sondern entwickelt sich nach anfänglicher Nichtbeachtung zu einem Bestseller.
Ja, es könnte so schön sein, wäre David Kern auch tatsächlich der Autor dieses Werkes. Stattdessen hat er das Manuskript in der Schublade eines alten Nachtkästchens gefunden und es der Studentin Marie lediglich zum Lesen gegeben, um der Angebeteten endlich aufzufallen. Sein Plan geht insofern auf, da Marie den schüchternen Kellner David nun tatsächlich mit anderen Augen sieht, doch die Veröffentlichung des Romans führt erwartungsgemäß zu allerlei Problemen und Verwicklungen.

„Lila, Lila“ ist ein sehr flüssig zu lesendes Buch, eine feine Satire auf den Literaturbetrieb und trotz seiner großteils eher ruhigen Erzählweise ein echter Pageturner.
Mir war David Kern, dieser schüchterne Kellner, der so gern zu einem Grüppchen illustrer Künstler gehören würde, aber immer außen vor bleibt, nicht wirklich sympathisch. Seine Tollpatschigkeit und Unbeholfenheit machen ihn zwar irgendwie liebenswürdig, aber ich fand ihn anfangs eher anstrengend. Dennoch ist er eine sehr glaubwürdige Figur, und man kommt nicht umhin, teilweise sehr mit ihm mitzufiebern, selbst wenn man seine Lügen eigentlich verwerflich findet.

Was die Handlung vor allem vorantreibt ist das ständige Gefühl „Das kann doch nicht gut gehen“ – und natürlich geht es nicht wirklich gut, was dann auch zu Komplikationen und weiteren Lügen führt.
Doch obwohl David immer mehr auf einen Abgrund zuzusteuern scheint, ist der Roman von der Stimmung her keineswegs düster und aussichtslos, sondern vielmehr ein skurriler und augenzwinkernder Seitenhieb auf den Literaturbetrieb.
Wenn David sich in kleinen Provinzbuchhandlungen vor spärlichem Publikum stotternd durch die Lesung quält, ehe er aufgrund einer einzigen aufsehenerregenden Kritik („Lila, Lila ist der Roman, auf den wir so sehnlich gewartet haben: Das Ende der Knabenwindelprosa.“) zum Starautor emporsteigt, kann man sich ein Kichern kaum verkneifen. Köstlich auch die Diskussionen auf der Buchmesse und das plötzliche Interesse der Verlage, die sich nun um David Kern reißen, nachdem sie zuvor sein Manuskript abgelehnt haben.

In den Kritiken wird „Lila, Lila“ teilweise als banal oder langweilig beschimpft, aber dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen. Der Roman hat vielleicht nicht diese atemberaubende Spannung wie „Ein perfekter Freund“, entwickelt aber dennoch einen gewissen Sog. Ich habe ihn in zwei Tagen weggelesen wie Nichts, weil ich unbedingt wissen wollte, wie das mit David, Marie und dem großen Manuskriptklau endet. Dazu finde ich den Roman auch sehr schön geschrieben, mit sehr treffenden, knappen Dialogen und einem guten Blick für kleine Details.

Auch meine Mutter, die eine sehr anspruchsvolle Leserin ist, hat den Roman begeistert verschlungen, und so empfehle ich ihn mit gutem Gewissen weiter.
Ganz klar 5 Sternchen!

Übrigens wurde der Roman 2009 mit Daniel Brühl in der Hauptrolle verfilmt, wobei ich nicht beurteilen kann, wie gelungen diese Verfilmung ist. Lust auf den Film hat mir das Buch aber allemal gemacht!

4 thoughts on “Martin Suter – Lila, Lila

  1. ich liebe Lila, Lila! Ist mein Lieblingsbuch von Martin Suter 😀 Leider hab ich den Film auch noch nicht gesehen, aber Daniel Brühl ist ja eigentlich ein guter Schauspieler – könnte also schon ganz gut sein die Verfilmung 🙂

  2. Liebe Neyasha,

    Deine Rezension zu "Lila, Lila" hat mich restlos überzeugt, das Buch will ich haben!
    Ich kenne übrigens den Film auch (noch) nicht, doch möchte ich in jedem Fall zuerst das Buch lesen.
    Sehr schön geschriebene Rezension!

    Liebe Grüsse
    mirjam

  3. Dann hoffe ich mal sehr, dass dir das Buch gefällt, mirjam. 🙂

    @Stefanie: Welche Bücher kennst du denn sonst noch von Suter? Mich haben bisher alle Romane von ihm, die ich gelesen habe, völlig überzeugt. Wirklich ein toller Autor. 🙂
    Die Rezension zu "Die dunkle Seite des Mondes" kommt dann demnächst.

  4. Neben "Die dunkle Seite des Mondes" hab ich noch "Ein perfekter Freund" (nach Lila, lila mein Lieblings-Suter) und "Small World" gelesen. Von Referaten aus der Schule kenne ich "Der letzte Weynfeldt" und "Der Koch". "Der Teufel von Mailand" will ich unbedingt noch lesen! 😀

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