Genre: Historischer Roman
Seiten: 320
Verlag: Piper
ISBN: 978-3492054515
Meine Bewertung: 4,5 von 5 Sternchen
Im Jahr 1206 versammelt Landgraf Hermann von Thüringen einige der bedeutendsten Dichter seiner Zeit auf der Wartburg. Aus der friedlichen Zusammenkunft entwickelt sich ein Wettstreit mit hohem Einsatz: Der Verlierer des Sängerkrieges soll seinen Kopf verlieren. Doch hinter dem Wettstreit scheint noch etwas ganz anderes zu stecken und Biterolf von Stillaha, der unbedeutendste der Dichter, bringt eine ungeheuerliche Intrige ans Tageslicht.
Die aus der mittelhochdeutschen Spruchdichtung bekannte Geschichte von dem Sängerkrieg auf der Wartburg erzählt Robert Löhr hier auf seine ganz eigene Weise. Auf die Figur des Zauberers Klingsor verzichtet er dabei und so wird aus der Legende ein historischer Roman, dessen einzige phantastische Komponente die Rahmenhandlung (der Teufel erscheint Luther auf der Wartburg und erzählt von dem Sängerstreit) darstellt.
Historisch ist hier nicht in dem Sinne zu verstehen, dass Robert Löhr in dem Roman in erster Linie von tatsächlich belegten Ereignissen und Personen erzählt. Die Handlung ist fiktiv und seine Interpretationen nicht als wissenschaftliche These zu lesen. Die schlechte Quellenlage für diese Zeit und vor allem für die handelnden Personen kommt ihm dabei sicher entgegen: Theoretisch spricht nichts dagegen, dass sich zumindest einige der geschilderten Ereignisse tatsächlich so zugetragen haben.
Gerade das hat die Lektüre so reizvoll gemacht und umso mehr man über mittelalterliche Dichtung weiß, umso mehr Spaß hat man meiner Meinung nach mit diesem Buch. Wenn am Ende große Parallelen zum Nibelungenlied entstehen oder die Anekdote mit Gerhart Atze und dem Pferd Eingang in den Roman findet, führt das zu einer gewissen kindlichen Entdeckerfreude. Was allerdings nicht bedeutet, dass für das Verständnis irgendein Vorwissen notwendig wäre.
Stilistisch und strukturell ist dieser Roman sicher mit Löhrs Vorgängerromanen Das Erlkönig-Manöver und Das Hamlet-Komplott zu vergleichen, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass der Autor hier weiter weg von den Figuren war. Es gibt auch keine Identifikationsfigur in dem Sinne, was mich aber erstaunlicherweise beim Lesen nicht gestört hat.
Die Charaktere sind interessant (wenn auch nicht immer sympathisch) und die Handlung fesselt bis zum Schluss, und dass Löhr zuweilen sehr distanziert und trocken erzählt, ist eine Besonderheit des Romans, die der Spannung überhaupt keinen Abbruch tut. Wie schon das „Erlkönig-Manöver“ hätte ich auch diesen Roman am liebsten in einem Rutsch durchgelesen, wenn ich nur die Zeit dazu gehabt hätte.
Wer schon Robert Löhrs frühere Romane mochte, kann wohl auch hier bedenkenlos zugreifen. Und allen, die gerne mal einen etwas anderen Mittelalterroman lesen wollen, kann ich dieses Buch ebenfalls empfehlen.
Mir hat die Lektüre wirklich Spaß gemacht und wäre mir im letzten Viertel nicht doch manches zu dick aufgetragen gewesen, würde ich dem Roman die volle Punktzahl geben. So sind es dann „nur“ 4,5 Sternchen.
Hach, das könnte ja vielleicht was für mich sein … ich behalte das Buch mal im Auge 😉
LG und ein schönes We
Nanni
Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich es lesen soll, aber nach deiner Rezi ist das Buch doch wieder ein Stück hochgerutscht in meiner Maybe-Liste 🙂
Ich finde, es lohnt sich definitiv, das Buch zu lesen. 🙂