Phantastisch Rezensionen

George R. R. Martin – A Dance with Dragons

Genre: Fantasy
Seiten: 1040
Verlag: Bantam
ISBN: 978-0553801477
Meine Bewertung: 4 von 5 Sternchen

English-Challenge  (Juni)
Themen Challenge (Schicksal/Prophezeiung)

Achtung: Diese Rezension enthält SPOILER zu den vorherigen Bänden (aber natürlich nicht zu diesem Band)!
 
So wie Cersei in „A Feast for Crows“ sind auch Daenerys in Meereen und Jon Snow an der Mauer darum bemüht, ihre Herrschaft zu etablieren. Beide haben dabei mit allerlei Problemen zu kämpfen, zumal ihre Feinde nicht nur außerhalb lauern, sondern auch in ihren eigenen Reihen. Und während über Westeros der Winter hereinbricht, machen sich im Osten sowohl alte Bekannte als auch neue Mitspieler im Game of Thrones auf den Weg nach Meereen zu Daenerys und ihren Drachen.
Mein erster Gedanke nach dem Zuklappen des Buches war: Und das war alles? Darauf haben wir jahrelang gewartet? „A Dance with Dragons“ ist also in mancher Hinsicht eher enttäuschend und bringt die Handlung nicht so weit voran, wie es sich vermutlich alle gewünscht hätten. Damit will ich nicht sagen, dass es ein schlechtes Buch ist, es ist vielmehr eine stetige Berg- und Talbahn. Fürchterliche Längen wechseln sich mit Überraschungen, Wendepunkten und wirklich brillanten Plotelementen ab.
Die größten Längen gibt es dabei im ersten Drittel, wo die Handlung oft auf der Stelle tritt. Dann kommt allmählich mehr Tempo hinein, bis schließlich ein wahrer Knalleffekt auf den nächsten folgt – um dann ganz am Ende doch wieder einen gewissen Frustfaktor zu bieten.
Das Hauptproblem ist für mich noch immer die Aufteilung der Handlungsstränge auf den 4. und 5. Band. Schon in „A Feast for Crows“ hätte man ohne weiteres einiges straffen können und hier hatte ich diesen Eindruck noch viel stärker. Manche Handlungsstränge – vor allem jene von Dany und Tyrion – wirken arg in die Länge gezogen, andere gar völlig überflüssig, als wären sie nur reine Pflicht, um diese oder jene Figur wieder einmal zu erwähnen. Als sich dann im letzten Drittel die Ereignisse überschlugen, konnte ich wirklich nicht nachvollziehen, weshalb die Handlung anfangs oft dermaßen auf der Stelle treten musste. Hätte Martin ein ähnliches Tempo bereits früher eingeschlagen, wäre „A Dance with Dragons“ wohl wirklich ein spannendes Buch geworden.
Dass er sich anfangs soviel Zeit lässt, führt dann am Ende auch dazu, dass es mir so vorkommt, als hätte da noch mehr kommen müssen. Ich meine mich auch zu erinnern, dass er auf seinem Blog geschrieben hat, er müsse einige Kapitel in den nächsten Band verschieben – und das merkt man auch. Gut, vermutlich lag es durchaus in Martins Absicht, uns Leser wieder einmal mit Cliffhangern abzuspeisen, über die wir dann diskutieren können, aber bei einigen Handlungssträngen hatte ich doch den starken Eindruck, als wären da noch ein oder zwei Kapitel nötig gewesen, um den Spannungsbogen, der in dem Roman aufgebaut wird, zumindest ein wenig zu einem Ende zu führen.
Alle diese Kritikpunkte ändern nichts daran, dass „A Dance with Dragons“ insgesamt ein sehr lesenswertes Buch ist. Während Dany und Tyrion für mich hier eher eine Enttäuschung waren, wurde ich von Jon positiv überrascht. Er war für mich bislang eine der langweiligsten Figuren, aber hier war ich beeindruckt und äußerst angetan von seiner Zielstrebigkeit, seiner Tatkraft und seinem Mut zu unpopulären Entscheidungen (wenngleich auch seine Kapitel Kürzungen vertragen hätten). Ein weiteres Highlight sind sämtliche Kapitel mit Bran, Davos und Theon und all jene, die im Süden von Westeros angesiedelt sind (also um King’s Landing und in den Riverlands). Es gibt wieder sehr viele verschiedene Perspektiven, aber ich bin hier besser mit dieser Fülle an (teils auch neuen) Figuren zurecht gekommen als noch in „A Feast for Crows“.
Und schließlich gibt es auch wieder sehr viele Kleinigkeiten, die man leicht überlesen kann, die aber bei näherer Betrachtung ein ganz anderes Licht auf manche Dinge werfen oder zu einem echten Aha-Effekt führen. Manche dieser Kleinigkeiten, aber auch einige größere Wendungen haben mich beim Lesen fast aufschreien lassen und in mir das Bedürfnis ausgelöst, sofort mit jemandem über das Gelesene zu sprechen. Zumindest gibt es bis zum Erscheinen von „The Winds of Winter“ genug Rätsel und Theorien, über die man sich den Kopf zerbrechen kann …
Alles in allem ist „A Dance with Dragons“ ein Roman, der stellenweise in seiner Stagnation nahezu frustrierend ist, im Gegenzug aber auch unerwartete Wendungen und nägelkauende Spannung zu bieten hat. Wie Martin alle Fäden noch zu einem Ende bringen möchte, ist mir nach wie vor ein Rätsel – aber zumindest hat er jetzt die meisten Figuren in eine ganze gute Ausgangssituation für wirklich große Ereignisse gebracht.
“A reader lives a thousand lives before he dies. The man who never reads lives only one.” (Jojen Reed)

3 thoughts on “George R. R. Martin – A Dance with Dragons

    1. Hihi, ja, das kenn ich, das hatte, glaub ich, Patrick Rothfuss mal auf seinem Blog verlinkt. *g*

      Band 3 ist übrigens meiner Meinung nach bisher der beste. Danach wirds stellenweise etwas zäh. Ich bin gespannt, was du von den Plottwists im 3. Band hältst. 🙂

Leave a Reply

Your email address will not be published.