Genre: Erzählungen
Seiten: 160
Verlag: Fischer
ISBN: 978-3100052216
Meine Bewertung: 3,5 von 5 Sternchen
12 Erzählungen hat Zsuzsa Bánk in diesem Kurzgeschichtenband versammelt, die sich fast alle mit Erinnerung, Vergangenheit, Entfremdung, Wiedersehen und Abschied auseinandersetzen. Einige sind in weit entfernten Ländern angesiedelt, andere lassen sich überhaupt nur vage irgendwo und irgendwann ansiedeln. Ihnen allen liegt eine gewisse Melancholie zugrunde, das Wissen, dass hier etwas zu Ende geht oder dass an frühere Zeiten schlichtweg nicht mehr angeknüpft werden kann.
Es gibt in diesen kurzen Geschichten keine Antworten, am Ende bleibt meist alles in der Schwebe. Oft gibt es noch nicht einmal Fragen, da die Situation, die Beziehung der Figuren zueinander so unklar ist, dass man kaum weiß, was in den Geschichten überhaupt erzählt wird.
Das ist gleichzeitig mein größter Kritikpunkt: Ich mag es, wenn manches offen bleibt und nicht immer benötigt man ellenlange Erklärungen, um eine Situation zu verstehen, aber einige der Geschichten waren mir hier zu unklar, um überhaupt noch zu ihnen vordringen zu können. Dazu kommt irgendwann ein Gefühl der Eintönigkeit, da sich Motive und Themen doch sehr stark wiederholen. Trotzdem haben mich manche Geschichten auch auf der Handlungsebene überzeugt, so etwa „Eiszeit“ und „Unter Hunden“.
Im Vordergrund steht aber bei den meisten Geschichten ohnehin nicht die Handlung, sondern eher die Sprache und Zsuzsa Bánks beeindruckende Beobachtungsgabe. Wie sie hier Momentaufnahmen, Stimmungen und kleine Details schildert, ist wirklich großartig. Selten hatte ich bei einem Buch so oft das Gefühl, dass der Autor/die Autorin so treffsicher den Finger auf ganz bestimmte Punkte legt. In der Hinsicht ist „Heißester Sommer“ sowohl sprachlich als auch in seiner Art der Beschreibungen auf einem sehr hohen Niveau.
Leider haben mich die meisten Geschichten aber nur beim Lesen beeindruckt, während danach kaum etwas in mir nachhallen konnte. Das lag zum großen Teil wohl daran, dass eben alles allzu sehr in der Schwebe bleibt.
Außerdem kam mir manches stellenweise ein bisschen zu gekünstelt vor und ein wenig so als wolle die Autorin angeben – falls das jetzt irgendjemand versteht. Es fällt mir gerade sehr schwer, das in Worte zu fassen.
Insgesamt war „Heißester Sommer“ eine sehr interessante Lektüre, auf die ich ohne die Blind date with a book-Aktion wohl nie gestoßen wäre (und das wäre doch schade gewesen). Obwohl die Erzählungen voller faszinierender Schilderungen sind, konnten sie mich aber nicht nachhaltig beeindrucken. So, wie die Geschichten teilweise vor allem Momentaufnahmen sind, waren sie für mich auch nur für den Moment des Lesens präsent.