Genre: Phantastik, Jugendbuch
Seiten: 283
Verlag: impress (ebook-Label von Carlsen)
ISBN: 978-3-646-60022-3
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternchen
Der Klang einer Geige lockt die 13jährige Mia eines Tages zu einem Straßenmusiker, der sein Lied nur für sie zu spielen scheint. Branwell mit seinem Rucksack voller Träume ist nicht nur ganz anders als alle Menschen, die Mia kennt, sondern vermittelt ihr auch erstmals das Gefühl, sie selbst sein zu können. Ihr Leben kommt ihr sonst wie eine Lüge vor: Weder dass ihre Mutter manisch-depressiv ist, noch dass ihre ältere Schwester in die Psychiatrie eingeliefert wurde, sollen ihre Klassenkameraden jemals erfahren. Bei Branwell hingegen muss sie sich nicht verstellen. Aber ist er selbst überhaupt ehrlich zu ihr? Anscheinend verbirgt er einige Geheimnisse vor ihr und Mia ist sich nicht mehr sicher, ob sie ihm überhaupt trauen kann.
Es gibt manchmal Bücher, die wie eine Liebe auf den ersten Blick sind. „Geigenzauber“ bin ich zum ersten Mal bereits vor ein paar Jahren begegnet, als Maja es im NaNoWriMo geschrieben hat und ich kapitelweise mtilesen durfte. Anstatt selbst zu schreiben, habe ich oft ungeduldig auf neue Kapitel gewartet und dann bis spät in die Nacht hinein gelesen.
Ich habe mich damals auf Anhieb in den Roman verliebt und jetzt beim Lesen ein weiteres Mal. Maja webt mit Worten das, was Branwell mit seiner Geige macht: Magie, die ganz tief in das Herz dringt und einen nicht mehr loslässt.
Dabei sollte man von „Geigenzauber“ keine süße Liebesgeschichte erwarten, die in einem „happily ever after“ endet. Romantik spielt zwar eine Rolle, aber es geht auch um enttäuschtes Vertrauen, familiäre Probleme, verstörende Erlebnisse und ein Mädchen, das noch seinen Platz im Leben sucht.
Die Themen Wahrheit, Lüge, Verstellung und Vertrauen ziehen sich auf mehreren Ebenen durch den Roman. Mias ganzes Leben ist von Verstellung geprägt: Sie möchte nach außen „normal“ erscheinen und nicht ständig Angst haben müssen, dass ihre Klassenkameraden von der Krankheit ihrer Mutter erfahren könnten. Tief in ihr steckt auch die Furcht, sie könnte selbst verrückt werden und was sie schließlich von Branwell erfährt, lässt sie auch an seinem Verstand zweifeln.
Es ist ungewöhnlich, dass ein phantastischer Roman sich so ernsthaft mit dem Thema psychische Erkrankungen auseinandersetzt, aber gerade das macht „Geigenzauber“ zu etwas ganz besonderem, zumal Maja diese Thematik sehr einfühlsam schildert und problemlos mit den phantastischen Anteilen der Handlung verwebt.
Ich empfand beim Lesen sofort Sympathie und Mitleid mit Mia, wünschte mir manches Mal aber auch, sie würde mehr zu sich selbst und ihrer Mutter stehen. Es ist schön, dass sie sich weiterentwickelt, erwachsener wird und allmählich zu sich selbst findet.
Die anderen Figuren sind ebenso gut gelungen – nicht nur der rätselhafte Branwell, dessen Handlungen und Motivation man nicht immer gutheißen kann, sondern auch Mias Mutter und ihre ältere Schwester Luisa.
Am Ende gab es vieles, das in mir nachhallte und vieles, das gerade so weit offen bleibt, dass es Raum für eigene Gedanken und Interpretationen lässt.
„Geigenzauber“ mag insofern ein Jugendbuch sein, da im Mittelpunkt eine jugendliche Heldin mit alterstypischen Problemen und Erfahrungen steht. Aber die Themen darin sprechen ebenso Erwachsene an und werden weder vereinfacht noch verkindlicht dargestellt. Dazu kommen noch ambivalente Figuren, ein sehr schöner Schreibstil und ein bemerkenswerter Blick für kleine Details.
Ich kann euch also nur wärmstens empfehlen, euch von Branwells Klängen und Majas Wortmagie verzaubern zu lassen. Für das Ende dieser Rezension leihe ich mir die weisen Worte von Mias Mutter aus:
Jeder Mensch hat das Recht, verrückt zu sein. Und das Verrückteste auf der Welt ist die Liebe.
Was für eine wunderschöne Rezi. Geigenzauber landet sofort auf meinem Wunschzettel, liebe Neyasha. Mal gucken, wie schnell ich dazu komme, aber geplant ist es in jedem Fall.
Das klingt tatsächlich nach einem tollen, sehr ungewöhnlichen Buch. Ich merke es mir auf jeden Fall mal…
Ich schließe mich den anderen an – klingt wunderbar und kommt auf meine Wunschliste. 😉
Freut mich, wenn ich euch neugierig darauf gemacht habe. 🙂 Ich hoffe, dass es euch gefällt!