Kinderbuch Klassiker Rezensionen

Frances Hodgson Burnett – The Secret Garden

Genre: Kinderbuch, Klassiker
Verlag: In Audio
Dauer: 8 Stunden 26 Minuten (ungekürzte Lesung)
gelesen von: Vanessa Maroney
ISBN: 978-1584723202
Meine Bewertung: 4 von 5 Sternchen„Bücher, die man gelesen haben muss“-Challenge

 
Nachdem die zehnjährige Mary durch eine Cholera-Epidemie zur Waise geworden ist, muss sie Indien verlassen, um bei ihrem Onkel Archibald Craven zu wohnen. Hier findet Mary zunächst alles schrecklich: die raue Moorlandschaft von Yorkshire, die Hausangestellten, die sie nicht so unterwürfig behandeln, wie sie es aus Indien gewohnt ist, das Essen.
Erst, als sie von einem geheimen Garten erfährt, den seit dem Tod von Cravens geliebter Frau niemand mehr betreten hat, wird ihr Interesse geweckt. Und dieser Garten verändert nicht nur Marys Leben von Grund auf.
 
„The Secret Garden“ erzählt von einem Mädchen, das zunächst alles andere als liebenswert ist, dafür aber eigentlich nichts kann. Dementsprechend hatte ich auch sofort Mitleid mit Mary, die zwar in Indien stets ihren Willen bekommen hat, aber völlig ohne Liebe aufgewachsen ist. In England beginnt sie sich unter dem Einfluss der Menschen und der Umgebung allmählich zu verändern. Durch die Geschwister Martha und Dickon, den griesgrämigen Gärtner Ben und ein kleines Rotkehlchen erfährt sie erstmals so etwas wie Freundschaft. Sie sind nicht die untertänigen Diener, die Mary gern hätte, rücken ihr aber auf eine sehr bodenständig-ehrliche Art endlich einmal den Kopf zurecht.
Diese Szenen, in denen Mary nahezu fassungslos feststellt, dass sie jemanden mag und das umgekehrt auch jemand sie mag, sind wirklich herzerwärmend. Es ist schön zu lesen, wie sie auftaut und sich zu einem normalen kleinen Mädchen entwickelt. Dafür sorgt maßgeblich auch der geheime Garten, von dem Mary nahezu besessen ist.
 
Burnett beschreibt auf eine ganz wunderbare Weise, wie ganz alltägliche Kleinigkeiten wie etwa das Wachsen einer Blume Mary in die größte Begeisterung versetzen. Und das tolle daran ist, dass ich es beim Lesen ohne Probleme nachvollziehen konnte, wie Mary und später auch ihr Cousin Colin die größte Freude an dem Garten haben. Ich war sogar selbst ganz aufgeregt, als Mary den Garten findet und dort dann alles zu blühen beginnt und mir wurde ganz warm ums Herz, als Mary feststellt, dass das Rotkehlchen sie mag.
Diese kleinen Freuden und die kindliche Begeisterung bringt Burnett wirklich meisterhaft zum Ausdruck. Daneben ist der Roman stellenweise auch wirklich witzig, so etwa, wenn Mary dem kränkelnden Colin ordentlich den Kopf zurechtrückt. Dabei muss man auch mit diesem verzogenen, herrschsüchtigen Bengel einfach Mitleid haben, wenn man miterlebt, wie sein Alltag aussieht und welche Ängste ihn beschäftigen.
 
Ich fand den Roman daher wirklich schön und herzerwärmend zu lesen, hatte aber gerade mit dem letzten Viertel meine Probleme. Auch für ein Kinderbuch löst sich alles allzu simpel in Wohlgefallen auf. Dazu fand ich auch Dickon und seine Mutter über alle Maßen nett und toll und verständnisvoll. Beide Figuren werden wirklich liebevoll gezeichnet und es ist auch teilweise amüsant zu lesen, wenn Mary sie in den Himmel lobt, aber es war mir doch etwas zuviel des Guten.
Martha hingegen, die ich sehr erfrischend und sympathisch fand, spielt irgendwann gar keine Rolle mehr, was sehr schade ist, da es bei ihrer Einführung doch so wirkt, als würde sie zu einem wichtigen Menschen in Marys Leben werden, wenn nicht sogar zu einer Schlüsselfigur, da ich den Eindruck hatte, als wäre sie tatsächlich die erste, die für Mary eine Freundin wird. Umso unverständlicher war es für mich, dass sie später so sang- und klanglos verschwindet.
 
Insgesamt war „The Secret Garden“ für mich also ein sehr nettes Leseerlebnis mit ein paar Schönheitsfehlern. Es ist auf jeden Fall ein Wohlfühl-Roman, der selbst dann nostalgische Gefühle in einem weckt, wenn man ihn als Kind nie gelesen hat, aber ein absolutes Highlight war er für mich dann doch nicht.
 
Ein paar Worte noch zum Hörbuch: Ich fand diese ungekürzte Lesung von Vanessa Maroney sehr schön und gut verständlich. Besonders gut hat mir der Yorkshire-Dialekt von Martha und Dickon gefallen, den die Sprecherin äußerst charmant rüberbringt. Ich hatte auch bei diesen Passagen keine Verständnisprobleme – vielleicht auch dank Downton Abbey, durch das ich mich schon ganz gut an den Dialekt gewöhnt habe. 😉
Für diese Hörbuch-Version kann ich daher eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen.

5 thoughts on “Frances Hodgson Burnett – The Secret Garden

  1. Ha, mir ging es mit dem Buch wirklich exakt genauso wie dir – größtenteils echt schön und unheimlich liebeswert, aber Dickon und seine Mutter sind zu gut und die Auflösung zu simpel "Alles-wird-wunderbar".
    In die Hörbuchfassung würde ich ja gerne mal reinhören – ich hatte den Yorkshire-Dialekt ja nur schriftlich, und meine Hörkenntnisse dafür beschränken sich auf Sean Bean (als Sharpe, da lässt er seine Herkunft immer wieder hören) und ein paar Clips auf Youtube. 😉

  2. Ah! Mit richtigem Yorkshireakzent? MUSS ich mir anhören! Th Secret Garden ist eins meiner all-time-favourites und Yorkshire hat mich auch begeistert.

  3. Ich hab das Buch zwar schon als E-Book auf dem Reader liegen, aber jetzt, wo du vom Hörbuch schreibst, würde mich das auch interessieren. Yorkshire Dialect hören wäre bestimmt noch besser als lesen … hm ….

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