Jugendbuch Phantastisch Rezensionen

Diana Wynne Jones – Fire and Hemlock

Genre: Phantastik, Jugendbuch
Seiten: 432
Verlag: Firebird
ISBN: 9781101566992
Meine Bewertung: 4 von 5 Sternchen

Bei der Lektüre eines Buches hat die 19jährige Polly das seltsame Gefühl, dieses schon einmal gelesen zu haben. Aber waren damals nicht andere Geschichten darin enthalten? Vor ihr eröffnet sich auf einmal eine zweite Ebene von Erinnerungen, eine Art paralleles Leben, das stark mit dem des Cellisten Thomas Lynn verknüpft war. Und so geht Polly in Gedanken zurück an den Anfang dieser zweiten Erinnerungen: Als sie vor neun Jahren bei einem Begräbnis Thomas Lynn kennenlernte und er ihr das Bild „Fire and Hemlock“ schenkte.
Meine Zusammenfassung entspricht im Wesentlichen der Einleitung des Romans und es ist schwierig, mehr über den Inhalt zu schreiben, ohne dabei zu spoilern. Umso ahnungsloser man an „Fire and Hemlock“ herangeht, umso besser ist es. Es handelt sich dabei um einen oft sehr rätselhaften Roman, der zwischen einem lustigen Kinderbuch und einem recht düsteren Jugendroman zu pendeln scheint.
Tatsächlich ist etwa das erste Drittel des Buches sehr charmant, wenn Polly und Thomas sich gemeinsam Geschichten von einem geheimen Leben als Helden ausdenken. Aber aus diesem harmlos erscheinenden Spiel scheint mit der Zeit immer mehr ein gefährlicher Ernst zu werden. Und so wird auch der Roman mit Pollys Älterwerden immer ernsthafter, bedrohlicher und rätselhafter.
Das macht die Lektüre sehr faszinierend, aber es bedeutet auch, dass man sehr aufmerksam lesen muss. So gemächlich und unspektakulär der Beginn auch scheinen mag – es steckt deutlich mehr darin, als man zunächst denkt.
„Fire and Hemlock“ ist daher ein Buch, das bei einem erneuten Lesen sicher zu einigen Aha-Momenten führt. Und ich könnte mir auch gut vorstellen, den Roman noch ein zweites Mal zu lesen, da er mich wirklich sehr gut unterhalten hat.
Noch dazu wimmelt er nur so vor liebens- (und hassens-)werten Figuren, die alle sehr gut ausgestaltet sind. Im Mittelpunkt stehen natürlich der wunderbare Thomas Lynn und Polly, die von einem Kind zu einer jungen Frau heranwächst. Aber auch die Nebenfiguren sind rundum gelungen, angefangen von Pollys oft recht anstrengender Freundin Nina bis hin zu dem undurchsichtigen Mr. Leroy.
Besonders gut umgesetzt fand ich Pollys Familienverhältnisse, die mehr als nur kompliziert sind. Ihre Mutter scheint nicht nur an Depressionen, sondern auch an einer Art Verfolgungswahn zu leiden und steigert sich in diesen oft derartig hinein, dass sie sogar ihre Tochter nur noch als Feindin betrachtet. Es ist schmerzhaft zu lesen, wie Polly in dieser Situation gefangen ist und auch von dem geschiedenen Vater nicht unbedingt Rückendeckung erhält. Oft will man sie einfach nur tröstend in den Arm nehmen und es ist gut, dass da noch ihre resolute und warmherzige Großmutter ist – eine meiner absoluten Lieblingsfiguren.
Schade, dass das Ende sehr überhastet und kryptisch ist. Das Problem ist nicht etwa, dass es zuviel offen lässt, sondern dass manches daran beinahe unverständlich erscheint. Ich habe es mehrmals gelesen und mir selbst im Kopf so einiges zusammengereimt und bin mir immer noch nicht sicher, ob ich es ganz durchschaut habe. Es ist seltsam, dass Jones beinahe durch das Ende hetzt, während doch vorher das Tempo stets eher gemächlich ist.
Ich bin mir auch noch nicht sicher, ob sich alle Szenen vorher überhaupt logisch ineinanderfügen, allerdings denke ich, dass ich das Buch noch ein zweites Mal lesen müsste, um das wirklich klar sagen zu können.
Mein zweiter Kritikpunkt ist etwas schwierig zu formulieren, ohne dabei bereits wieder zuviel über die Handlung zu verraten. Ich sage nur soviel: Die Beziehung zwischen Polly und Thomas finde ich anfangs ganz wunderbar geschildert und auch sonst sehr interessant dargestellt, aber es schwingt doch einige Male ein Unterton darin mit, den ich fast schon ein wenig bedenklich finde.
Dennoch kann ich den Roman aber wärmstens empfehlen. Er thematisiert die Macht der Phantasie ebenso wie die Liebe zu Büchern und erzählt nebenbei auch noch eine sehr gelungene Coming-of-Age-Geschichte eines jungen Mädchens. Und obwohl ich einen wichtigen Hinweis schon recht früh erkannt habe, war die Handlung doch für mich an keiner Stelle vorhersehbar.

4 thoughts on “Diana Wynne Jones – Fire and Hemlock

  1. Das ist einer der Titel von Diana Wynne Jones, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob er etwas für mich ist. Ich glaube, ich schleiche schon seit Jahren um den Roman herum und auch nach deiner Rezi bin ich mir nicht sicher, ob ich dazu greifen soll.

  2. Das Ende war für mich wirklich eine Enttäuschung. Bis dahin ein ganz toller Roman für mich, aber dann irgendwie… Schluss. Einfach zack. Ich hab ihn trotzdem ein zweites Mal gelesen und ja, ich hatte Aha-Momente. 🙂

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