Phantastisch Rezensionen

Robin McKinley – Chalice

erschienen bei Penguin

entdeckt bei Winterkatze
woher: Kobobooks

Nachdem die Chalice und der Master von Willowland überraschend gestorben sind, müssen zwei Menschen diese Rollen annehmen, die überhaupt nicht darauf vorbereitet wurden: die Bienenhüterin Marisol und ein Feuerpriester, von dem niemand weiß, ob er überhaupt noch menschlich ist. Sie beide haben mit Misstrauen und Ablehnung in ihrem eigenen Circle zu kämpfen und müssen noch dazu ein Land beruhigen, dessen innere Magie zerrissen ist.
Manchmal gibt es Bücher, bei denen man das Gefühl hat, dass sie ganz genau für einen geschrieben wurden und so ein Buch war „Chalice“ für mich. Mir ist der Roman schon vor Jahren einmal empfohlen worden mit den Worten, er wäre vergleichbar mit den Werken von Patricia McKillip, aber erst Winterkatzes Rezension hat mich tatsächlich dazu gebracht, ihn zu kaufen und sogleich zu lesen.
Es handelt sich bei dem Roman um eher ruhige und märchenhaft-magische Fantasy. Hier passiert mehr im Inneren der Figuren als in der äußeren Handlung. Robin McKinley nimmt sich sehr viel Zeit zu beschreiben, wie Marisol mit ihrer neuen Stellung zu kämpfen hat und welche Zweifel sie plagen. Mit ihr lernt man die Magie des Landes kennen, die an die Mitglieder des Circle geknüpft ist und nur dann in sich heil und ganz sein kann, wenn auch im Circle Harmonie herrscht. Ausgerechnet Marisol und der Master, die unerfahrensten und umstrittensten Mitglieder, scheinen diejenigen zu sein, die im Laufe des Romans das beste Gespür für das Land entwickeln.
Aber auch innerlich entwickeln sie sich weiter – besonders Marisol, die ihre Zweifel allmählich überwinden kann und zu mehr Selbstvertrauen findet. Mit der Zeit wächst auch ihr Vertrauen in den Master, dessen Fremdartigkeit ihr zwar Angst macht, der aber gleichzeitig der einzige ist, der sie tatsächlich zu verstehen scheint.
Mir sind diese beiden Figuren, die sehr lebendig charakterisiert sind, schnell ans Herz gewachsen und hier hat sich auch gezeigt, dass für mich persönlich Spannung nicht zwangsläufig etwas mit Action oder einer ereignisreichen Handlung zu tun haben muss. Ich habe mit der Chalice und dem Master bald so sehr mitgefiebert, dass mich der Roman ungemein gefesselt hat und ich ihn kaum aus der Hand legen konnte.
Mir haben auch das Hintergrundsetting und die Magie in „Chalice“ sehr gut gefallen. Willowland wird nicht genau beschrieben, aber im Laufe des Romans lernt man das Land dennoch gut kennen. Es handelt sich um keine großen Städte oder Burgen, sondern um eine eher ländliche Gegend mit kleinen Höfen und Dörfern und dem Sitz des Circle in einem Art Herrenhaus. Die Magie scheint sich jeweils individuell an eine Person anzupassen – so ist die von Marisol an Honig und Bienen geknüpft.
In diesen Punkten hat mich der Roman tatsächlich an McKillip erinnert, die auch gern ungewöhnliche Magiekonzepte einbaut und deren Hintergrundwelten man meist erst nach und nach kennenlernt, ohne dass sie detailliert beschrieben werden.
Dagegen habe ich Plot und Sprache bei McKinley um einiges leichter zugänglich empfunden – was nicht wertend gemeint ist. Ich mag den anspruchsvollen Stil von McKillip und die vielen Rätsel, die ihre Plots durchziehen, aber mir hat auch die schlichtere Sprache in „Chalice“ sehr gut gefallen. Und wenn es darin auch nicht so viele Rätsel gibt, so ist der Plot doch auch etwas verwinkelt, da McKinley immer wieder in der Zeit springt.
Das einzige, was mir nicht so gut gefallen hat, war leider das Ende. Es hatte ein bisschen etwas von Deus ex machina und ist mir auch ein wenig überhastet vorgekommen. Mir hätte es deutlich besser gefallen, wenn sich nicht alles so einfach und rasch aufgelöst hätte.
Abgesehen davon hatte ich aber bei „Chalice“ wirklich das Gefühl nach Hause zu kommen. Das war einfach ganz genau meine Art von Fantasy und ich kann mir gut vorstellen, dass ich in einiger Zeit erneut zu dem Roman greifen werde.

2 thoughts on “Robin McKinley – Chalice

  1. Schön, dass dir das Buch so gut gefallen hat! Für mich war es ja auch eine Überraschung, wie gut die Geschichte gepasst hat und wie wohl ich mich damit gefühlt habe. Was das Ende angeht: Ja, es ist etwas "leicht". Auf der anderen Seite fand ich es trotzdem stimmig. Denn wenn das Land und die Chalice und der Master zusammengehören, dann sind eben Wunder möglich …

    1. Mit dem Ende an sich kann ich leben, aber die Umsetzung hat für mich einfach nicht gepasst (vor allem das Tempo nicht). Abgesehen davon war das aber wirklich ein sehr schönes Buch und ich bin froh, dass ich es dank deiner Rezension endlich gelesen habe. 🙂

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