Jugendbuch Phantastisch Rezensionen

Brandon Sanderson – The Rithmatist

erschienen bei Tor und Pan
woher: bei Gewinnspiel von Elena gewonnen 

 

Sein Leben lang hat Joel sich gewünscht, ein Rithmatist zu sein – ein Magier, der Kreidefiguren zum Leben erwecken kann. Da er die seltene Gabe nicht besitzt, bleibt ihm an der Armedius Academy nur die Beschäftigung mit der Theorie der Rithmatik.
Als plötzlich Schüler der Akademie auf unerklärliche Weise verschwinden, soll Joel gemeinsam mit der Rithmatistin Melody einen Professor der Schule bei Nachforschungen assistieren. Damit bringt Joel sich selbst ins Visier des Täters.
 
Ich hatte mit Brandon Sanderson einen mehr als holprigen Start. Seine High Fantasy-Romane „Elantris“ und „Kinder des Nebels“ habe ich abgebrochen; mit seinem Jugendbuch „Alcatraz“ konnte ich überhaupt nichts anfangen. Nachdem mir „The Rithmatist“ mehrmals als Herz gelegt wurde, wollte ich dem Autor damit eine letzte Chance geben – und das hat sich mehr als gelohnt!
 
„The Rithmatist“ ist der weitgehend in sich geschlossene Auftakt zu einer Jugendbuchreihe, die vom Genre her im Bereich Urban Fantasy oder Steampunk einzuordnen ist. Die Hintergrundwelt ist ein Art alternatives Amerika mit einem Netz aus Inseln – den United Isles – und steampunkartiger Technologie. Auf den Inseln befinden sich mehrere Akademien, in denen neben normalen Schülern auch Rithmatisten unterrichtet werden. Joel kommt zwar aus armen Verhältnissen, aber da sein verstorbener Vater Kreidemacher war und seine Mutter zum Putzpersonal der Akademie gehört, darf er die Schule besuchen.
 
Die Rithmatisten sind quasi die Elite der Akademie. Sie können Kreidezeichnungen zum Leben erwecken und lernen, wie sie Verteidigungskreise und Kreidefiguren zeichnen müssen, um nach ihrer Ausbildung auf der Insel Nebrask kämpfen zu können, wo Rithmatisten gefährliche „wild chalklings“ in Schach zu halten versuchen.
Das Magiesystem in diesem Buch ist sehr originell und von Sanderson bis ins Detail ausgearbeitet. Ich hatte zunächst Probleme damit, mir alles vorzustellen, vor allem bei den Übungsduellen zwischen den Rithmatisten, aber das Buch enthält zahlreiche Bilder von Ben McSweeney, die klar illustrieren, wie die Kreidezeichnungen aufgebaut sind und wie sie funktionieren. 
Da Joel wie besessen von der Rithmatik ist und alle Theorie rund um die Magie nur so in sich aufsaugt, wird man von ihm mit weiteren Informationen zu dem System versorgt – besonders in seinen Gesprächen mit Melody und Professor Fitch.
 
 
Anfangs kamen mir die Kreidefiguren nicht allzu gefährlich vor, aber es wird schnell klar, dass sie eine echte Bedrohung für einen Menschen sind. Einige Beschreibungen sind für ein Jugendbuch ziemlich grausam und furchteinflößend, aber alles in allem hält sich die Gewalt in dem Buch relativ in Grenzen. Die Handlung ist auch eher ruhig als actionreich, aber ich fand das Buch dennoch sehr spannend. 
Der Autor wirft eine ganze Reihe von Rätseln auf, mit deren Lösung die Protagonisten ordentlich beschäftigt sind. Über weite Strecken hat der Roman daher fast die Struktur eines Krimis – es gibt ungeklärte Fälle und Ermittlungen, die im Mittelpunkt der Handlung stehen. Der Krimiplot ist auch richtig gut gelungen. Man kann miträtseln, bekommt einige überraschende Wendungen und kann doch alles logisch nachvollziehen.
 
Auch die Figuren fand ich rundum gelungen. Joels Wissbegierde, seine Begeisterung für alles rund um die Rithmatik und seine Faulheit, was die Schule sonst betrifft, machen ihn zu einem sehr glaubwürdigen Teenager. Er kämpft damit, kein Rithmatist zu sein, verfällt aber weder darüber noch über die Tatsache, dass seine Familie so arm ist, in maßloses Selbstmitleid. Die impulsive Melody ist sein Gegenpol – sie kämpft mit den Einschränkungen und Bestimmungen, die ihr als Rithmatistin auferlegt sind und scheint in dieser Materie auch sehr unbegabt zu sein.
Obwohl die beiden zunächst nur wenig miteinander anfangen können, haben sie doch gemeinsam, dass sie Außenseiter sind und durch die gemeinsamen Nachforschungen entwickelt sich allmählich so etwas wie Freundschaft.
 
Die Themen Außenseitertum, Armut und der Verlust eines Elternteils bleiben eher im Hintergrund, aber Sanderson geht sehr einfühlsam damit um und verleiht dem Roman damit auch eine emotionale Tiefe. Leider mangelt es an dieser dann wiederum ein paarmal, wenn Szenen von großer emotionaler Tragweite allzu schnell abgehandelt werden.
Das ist aber auch schon mein einziger Kritikpunkt an diesem sonst rundum gelungenen Jugendbuch. Ich freue mich nun schon sehr auf die Fortsetzung und hoffe, dass diese bald erscheinen wird – schließlich gibt es noch so einige ungelöste Fragen, die auf eine Beantwortung warten.

7 thoughts on “Brandon Sanderson – The Rithmatist

  1. The Rithmatist landet immer wieder auf meinem Radar – allein wegen der Illustrationen, die einen konkreten Einblick die Magie dieser Welt geben, scheint es mir interessant 🙂 Ist dann jetzt endgültig auf der WuLi. Aber schade, dass die Fortsetzung auf sich warten lässt. Ist das Buch nicht schon einige Jahre am Markt?

    1. Ja, 2013. Sanderson hat leider zu viele Serien parallel laufen.
      Die Kombination der beschriebenen Magie mit den Zeichnungen ist wirklich toll.

    1. Ja, ich finde das auch eher ungünstig, dass Sanderson so viele Serien schreibt (und davon auch immer ein paar parallel). Da vergisst man dann beim Warten immer schon, was in den vorigen Bänden passiert ist.

  2. Ich möchte Sanderson an dieser Stelle dahingehend "verteidigen", dass er ja jedes Jahr zwei, drei Bücher rausbringt. Außerdem noch ein paar Kurzgeschichten. Und er behält alle Reihen im Blick, so dass jede in bestimmten Abständen eine Fortsetzung bekommt. Dadurch wartet man meistens gar nicht so lange auf eine Fortsetzung.

    Ich finde es wirklich beeindruckend, wie er jedes Jahr locker um die 2.000 Seiten schreibt und dabei ein hohes Niveau hält. Wie viele YA-Serien kenne ich, wo die Autoren daran scheitern, eine Trilogie mit Inhalt zu füllen. Oder fraglos große Fantasy-Autoren, die aber dafür fünf Jahre an EINEM Buch schreiben. Sanderson hingegen hat fantastische Ideen und schafft es auch, sie runterzuschreiben.

    So, genug geschwärmt. Ich gebe ja zu, ich warte auch schon seit Jahren ungeduldig auf den zweiten Band *g*

    1. Gar keine Notwendigkeit, ihn zu verteidigen, wie ich oben in den Kommentaren geschrieben habe, weiß ich, dass Sanderson viel parallel schreibt. 😉
      Ich finde es lediglich ungünstig für eine Serie, wenn man länger als vier Jahre auf eine Fortsetzung warten muss, weil ich dann meistens alle Details schon vergessen habe. Das ist ein generelles Problem, das ich mit Serien habe und es führt dazu, dass ich in der Regel überhaupt keine ersten Bände mehr kurz nach Erscheinen lese. Ich warte dann lieber mal ab, bis der nächste Band zumindest angekündigt ist.

    2. Gut, du hast natürlich jetzt mit "The Rithmatist" auch direkt die Serie erwischt, die am Längsten auf Eis gelegt wurde XD Dagegen erscheinen ja selbst die Stormlight-Bücher viel schneller *g*

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