Delphine de Vigan – Tage ohne Hunger
erschienen bei Dumont
In dem stark autobiografischen Roman erzählt Delphine de Vigan von der 19jährigen Laure, die sich freiwillig in eine Klinik begibt, als ihre Magersucht lebensbedrohliche Ausmaße annimmt. Tagebuchartig beschreibt Laure ihren Alltag in der Klinik, ihre Mitpatientinnen und ihre Gespräche mit Dr. Brunel, der für sie zu einem Anker wird.
Ich fand „Tage ohne Hunger“ interessant und auch erschreckend zu lesen, alles in allem aber auch etwas oberflächlich, was an der Kürze des Buches liegen mag. Der Roman konzentriert sich ganz auf Laures Gefühle und Gedanken und nicht unbedingt auf den Heilungsprozess an sich. Daher fand ich es etwas schwer nachzuvollziehen, inwiefern ausgerechnet Dr. Brunel für Laure eine solche Vertrauensperson und Hilfe ist. In den meisten Rezensionen wird der Roman als optimistisch und lebensbejahend empfunden, aber ich kann dem nicht ganz zustimmen. Bis zum Ende kreisen Laures Gedanken sehr viel um die Frage, wie sie eine Gewichtszunahme, die über das reine Überleben hinausgeht, vermeiden kann. Ich hatte daher nicht das Gefühl, als hätte irgendeine Art von psychischer Heilung stattgefunden.
Kristina Gehrmann – Im Eisland 2 + 3
erschienen bei Hinstorff
Band 1 der „Im Eisland“-Trilogie über die Franklin-Expedition von Kristina Gehrmann habe ich bereits hier ausführlicher rezensiert.
Inzwischen habe ich beide Folgebände gelesen und auch diese haben mich wieder sehr gefesselt. Obwohl der tragische Ausgang der Expedition hinlänglich bekannt ist, waren die Bücher trotzdem spannend zu lesen. Die Autorin bringt ihre eigene Interpretation der Ereignisse mit hinein, lässt aber viele Fragen auch ungeklärt und begibt sich also nicht ganz auf den Pfad reiner Spekulationen, was ich persönlich sehr gut fand.
Alles in allem haben mir aber Band 2 und 3 nicht ganz so gut gefallen wie der erste. Es fällt mir schwer festzumachen, woran es lag. Manchmal kamen mir Szenen etwas überhastet vor und ich hatte das Gefühl, als würde Gehrmann bei der Darstellung der Figuren nun mehr an der Oberfläche bleiben. Trotzdem fand ich die Trilogie als ganzes sehr gelungen und würde sie auf jeden Fall weiterempfehlen.
Patricia McKillip – Schatten über Ombria
erschienen bei Klett-Cotta (nur noch gebraucht erhältlich)
Ich habe „Schatten über Ombria“ vor ein paar Jahren schon einmal gelesen und damals war es von allen McKillip-Romanen, die ich zu dem Zeitpunkt kannte, einer meiner Lieblinge. Es geht darin um die alte Stadt Ombria, die seit dem Tod des Fürsten von einer machthungrigen Hexe beherrscht wird. Sie ist darum bemüht den Thronerben Kyel, der noch ein Kind ist, unter Kontrolle zu bekommen und ihn ganz von den Menschen, die ihm etwas bedeuten zu isolieren. Doch weder Lydea, die ehemalige Geliebte des Fürsten, noch Kyels Cousin Ducon sind bereit, so schnell aufzugeben.
Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich den Roman nun beim Reread als sperriger empfinden würde als damals beim ersten Mal Lesen. Ich habe inzwischen noch weitere Romane von McKillip gelesen und im Gegensatz zu diesen neueren Werken von ihr, ist mir „Schatten über Ombria“ umständlich und in den Formulierungen übermäßig verschwurbelt vorgekommen. Da ich die letzten Romane im Original gelesen habe, bin ich mir nun nicht sicher, ob es an der deutschen Übersetzung lag oder ob McKillips Stil mittlerweile tatsächlich schlichter und klarer geworden ist.
Mir hat „Schatten über Ombria“ trotzdem wieder gut gefallen. Es ist eine faszinierende Geschichte voller Magie (die etwa in den Kohlezeichnungen von Ducon steckt) über eine Stadt, die eine verborgene Schattenseite hat und mit interessanten Figuren. Meine erste McKillip-Empfehlung wäre der Roman aber nicht mehr.
„Bis zum Ende kreisen Laures Gedanken sehr viel um die Frage, wie sie eine Gewichtszunahme, die über das reine Überleben hinausgeht, vermeiden kann.“
Ich kenne die Situation nicht, habe aber nach diversen Dokumentationen zu dem Thema das Gefühl, dass das für einige Betroffene gar nicht so unrealistisch ist. Doof ist natürlich, wenn du bei dem Buch nicht nachvollziehen kannst, warum gerade dieser Arzt für die Patientin zur Vertrauensperson wird.
Jetzt fände ich es spannend, wenn du irgendwann Zeit und Lust hättest „Schatten über Ombria“ noch mal im Original zu lesen, um einen Vergleich zur Übersetzung ziehen zu können. 😀
Ich finde es überhaupt nicht unrealistisch! Aber ich persönlich hatte dadurch das Gefühl, dass Laure wieder in ihre alten Muster zurückfallen wird, sobald sie aus der Klinik entlassen wird.
Mal sehen, ob ich Schatten über Ombria auch irgendwann noch im Original lese. Vielleicht achte ich auf den Vergleich eher mal bei „Od Magic“, das ich vor Jahren auf Deutsch sehr mochte und ohnehin noch mal auf Englisch lesen wollte.
Ah, dann hatte ich das falsch verstanden! (War wohl doch noch nicht so wach wie gedacht. *g*)
Ist „Od Magic“ auch eins ihrer Frühwerke oder bietet es sich für einen Vergleich an, weil du die deutsche Ausgabe eh bei der Hand hättest, wenn du das Original liest?
Ombria und Od Magic sind beide so aus ihrer „mittleren“ Schreibzeit, insofern wohl durchaus vergleichbar, aber ich selbst habe es nicht, ich habe die deutsche Ausgabe nur vom „Buch der Dornen“, das daher auch für einen Vergleich in Frage käme.
Oh, schau an. Ich hatte Ombria kürzlich im Sinn, dass ich mal etwas von der Autorin lesen möchte. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich schon einmal in eines ihrer Werke reingeschmökert habe. Aber sie ist ja bekannt und ich würde es gern einmal versuchen. Aber Ombria streiche ich dann mal lieber. Hast Du andere Vorschläge?
Hm, das ist insofern schwierig, weil ich dir bis vor kurzem durchaus „Ombria“ empfohlen hätte. Zu meinen Lieblingsbücher von ihr gehören „Das Buch der Dornen“ und „Die vergessenen Tiere von Eld“, wobei ich die aber jetzt auch schon länger nicht gelesen habe. Vor kurzem erst habe ich „The Bell at Sealey Head“ gelesen, das ich ebenfalls gern mochte.