Rezensionen Sachbuch

Gabriel Zuchtriegel – Vom Zauber des Untergangs. Was Pompeji über uns erzählt

erschienen bei Ullstein

Gabriel Zuchtriegel ist seit 2021 Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji, nachdem er zuvor bereits einige Jahre lang Direktor des Parkes und Museums in Paestum war. In „Vom Zauber des Untergangs“ versucht er zu ergründen, wie die Vergangenheit unser aktuelles Leben beeinflusst und was dementsprechend auch Archäologie für uns heute noch bedeutet.

Wenn man sich von „Vom Zauber des Untergangs“ einen Überblick über die Geschichte und Ausgrabungen von Pompeji erwartet, wird man von diesem Buch wohl ziemlich enttäuscht werden. Es handelt sich um ein sehr persönliches Buch des Autors, in dem er viel von seinem eigenen Werdegang und seinem Blick auf Archäologie und Kunstgeschichte erzählt. Dabei springt er oft zwischen den Themen hin und her und wirft Schlaglichter auf einzelne Aspekte von Pompeji, um an diesen exemplarisch zu zeigen, inwiefern die Antike für uns noch relevant ist und wie er diese den Besucher:innen zugänglich machen möchte.

Das fand ich insofern interessant, weil man auch einen guten Eindruck davon bekommt, was seine Schwerpunkte für seine Arbeit als Direktor des Archäologischen Parks sind. Es scheint, als ob er mit viel Elan und Herzensblut an seine Arbeit herangeht, was auch insofern schön ist, da in Pompeji in den letzten Jahrzehnten einiges im Argen lag, Häuser eingestürzt sind und es an allen Ecken und Enden an Geld und anderen Ressourcen fehlte. Ich will keinesfalls behaupten, dass das die Schuld früherer Direktoren war (wenn die Mittel fehlen, sind einem die Hände gebunden), aber vielleicht hilft ein bisschen frischer Wind im Archäologischen Park.

Obwohl mir dieser persönliche Blick von Gabriel Zuchtriegel auf Pompeji gefiel, war es für mich doch ein durchwachsenes Leseerlebnis. Oft war mir das Buch zu konfus, konnte ich nicht nachvollziehen, nach welchen Gesichtspunkten es der Autor aufgebaut hat. Wenn man die grobe Geschichte von Pompeji kennt und die Ausgrabungen bereits gesehen hat, kann man den Sprüngen zwar folgen und gewisse Lücken selbst im Kopf füllen, aber ich bin mir nicht sicher, wie verständlich das Buch ohne ein entsprechendes Vorwissen ist. Zuchtriegel präsentiert einerseits neue Grabungsergebnisse, gibt andererseits einen Überblick über die bisherige Forschung (etwa am Beispiel der Villa dei Misteri) und stellt schließlich auch ein interessantes Theaterprojekt vor, bei dem Schüler:innen aus Neapel im Theater „Die Vögel“ von Aristophanes aufführten. Für sich genommen ist das alles spannend, aber der Zusammenhang erschließt sich nicht immer. Zudem gibt es kein vernünftiges Inhaltsverzeichnis, lediglich vier Überkapitel mit wenig aussagekräftigen Titeln. Es dürfte daher ziemlich schwierig sein, in dem Buch etwas zu bestimmten Themen zu finden. Würde ich etwa noch einmal etwas zum Theaterprojekt nachlesen wollen, das ich persönlich besonders interessant fand, wüsste ich schon jetzt nicht mehr, in welchem Kapitel ich nachschauen müsste.

Stellenweise war es mir auch zuviel persönliches des Autors. Ich frage mich, ob dieses Buch auch eine Art Rechtfertigung sein soll, da die Ernennung von Gabriel Zuchtriegel zum Direktor nicht ohne Kritik blieb, und er deshalb so viel von sich selbst und seinem Werdegang schreibt. Es wäre aber sinnvoll, wenn zumindest aus dem Titel oder dem Klappentext ersichtlich würde, dass es so viel auch um sein Leben geht.

Alles in allem ein interessantes Buch, das aber meiner Meinung nach mehr Struktur benötigt hätte.

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