Genre: Gegenwartsliteratur
Seiten: 256
Verlag: Schöffling&Co
ISBN: 978-3895614361
Meine Bewertung: 4 von 5 Sternchen
Nach seinem Jurastudium hat Sven Deutschland den Rücken gekehrt, frustriert vom ewigen gegenseitigen Be- und Verurteilen, und lebt nun als Tauchlehrer auf Lanzarote. Raushalten lautet seine Devise, bloß nicht einmischen in das Leben seiner Tauchschüler.
Doch dieser Vorsatz kann seinen neuen Schülern nicht standhalten: der Schauspielerin Jola und ihrem Lebensgefährten Theo. Unweigerlich ziehen sie Sven mit hinein in ihre zerstörerische Beziehung, bis er sich schließlich inmitten eines perfiden Spiels aus Liebe, Gewalt, Abhängigkeit und Täuschung wiederfindet.
Nullzeit bezeichnet die Zeitspanne, die ein Taucher unter Wasser verbringen kann, ohne beim Auftauchen einen Dekompressionsstopp einlegen zu müssen. In Juli Zehs Roman stellt sich für Sven die Frage, wie lange und wie tief er in diese fremde Beziehung von Jola und Theo eintauchen kann, um sich ohne Gefahr wieder daraus lösen zu können. Denn was für ihn als eine kleine Affäre beginnt, entpuppt sich als ein mörderisches Spiel, in dem er lediglich eine Spielfigur ist.
Es ist faszinierend, diese Figuren und ihr schwieriges Beziehungsgeflecht zu beobachten. „Nullzeit“ ist ein Psychothriller, ein Psychogramm und gleichzeitig auch ein Spiel mit den Lesern. So wie Sven nicht weiß, was bei Jola nur Täuschung ist, war ich mir beim Lesen selbst nicht mehr sicher, ob ich von dem vermeintlich ehrlichen Ich-Erzähler nicht nur getäuscht werde. Kann man ihm trauen? Oder ist er ein ebenso unzuverlässiger Erzähler wie Jola? Was in diesem Roman ist Wahrheit, was Lüge und was nur eine verzerrte Wahrnehmung der Realität?
All das macht „Nullzeit“ zu einem äußerst spannenden Leseerlebnis. Dennoch konnte der Roman mich nicht so restlos überzeugen wie etwa „Spieltrieb“. Dafür fehlte mir sozusagen das gewisse Etwas, vor allem aber eine gewisse Nachhaltigkeit. Beim Lesen hat mich der Roman noch sehr beschäftigt, aber das Ende hat dann nur zu einem Achselzucken geführt und mit dem Zuklappen des Buches habe ich auch bereits aufgehört, darüber nachzugrübeln. Da ging es mir mit dem großartigen „Spieltrieb“ aber auch mit „Corpus Delicti“ anders.
Sprachlich ist „Nullzeit“ dagegen meiner Meinung nach eine Steigerung zu Juli Zehs früheren Romanen. Ich mochte ihren Stil schon immer, habe mich aber manches Mal über eine gar zu gekünstelte Sprache und eine zu große Häufung von Metaphern geärgert. In ihrem neuesten Roman ist die Sprache schlichter, sind die Sätze stets auf den Punkt gebracht, die Metaphern sparsamer eingesetzt. Ab und zu fand ich die Sprache sogar ein wenig zu schlicht und nüchtern, aber das ist jetzt schon Jammern auf hohem Niveau.
Alles in allem ist „Nullzeit“ ein sehr lesenswerter Roman, dem es manchmal ein wenig an Tiefe fehlt. Juli Zeh hat mich wieder einmal überzeugt – aber ich habe von ihr schon besseres gelesen.
Hm schade… es hoerte sich so gut an – und dann kam das Achselzucken. 🙁 Ich glaube was schlimmeres kann man ueber den Schluss eines Buches gar nicht sagen. :p
Naja, es war kein Ende, übe das ich mich geärgert habe – sowas kommt ja auch vor und das finde ich immer am schlimmsten.
Aber wirklich überzeugt hat es mich eben auch nicht.