Rezensionen Sachbuch

Per J. Andersson – Vom Schweden, der den Zug nahm und die Welt mit anderen Augen sah

erschienen bei C.H. Beck

Der schwedische Schriftsteller Per J. Andersson entdeckt in diesem Buch die Welt des Zugreisens für sich wieder. Er begibt sich nicht nur auf Zugfahrten durch alle möglichen Länder, sondern geht auch der Geschichte der Eisenbahn auf die Spur.

Per J. Andersson ist Mitbegründer des Reisemagazins „Vagabond“ und schreibt seit den 80er Jahren Berichte und Artikel über Reisen. Im Vorwort beschreibt er, wie er mit der Zeit immer öfter das Flugzeug nahm, obwohl er früher ein begeisterter Zugreisender war. Aufgrund der Klimadebatte der vergangenen Jahre begann er das zu hinterfragen und so entstand letztendlich auch dieses Sachbuch, das Zugreisen von verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet.

Zunächst gibt Andersson einen geschichtlichen Abriss der Eisenbahn und wie sich dadurch das Reiseverhalten der Menschen verändert hat. Er geht dabei auch auf die Rezeptionsgeschichte dieses neuen Verkehrsmittels ein, das mit derselben Mischung aus Skepsis und Begeisterung wie die meisten technologischen Neuerungen aufgenommen wurde. In den weiteren Kapiteln beschäftigt er sich mit verschiedenen Aspekten von Zugreisen und geht hier besonders auf die Umweltfrage ein. Ich fand die Erläuterungen, wie es sein kann, dass Flugreisen oft soviel billiger sind, ebenso spannend wie seine kritischen Betrachtungen der Grenzen des internationalen Zugverkehrs. Bei vielen Strecken wären Züge nämlich eine auch zeitlich attraktive Alternative zum Flugzeug, aber es scheitert oft an komplizierten Ticketsystemen, sobald internationale Grenzen überfahren werden, an fehlenden Investitionen (für viele Strecken gab es früher sehr gute Zugverbindungen, die seither eingestellt wurden). Vor allem Nachtzüge wurden in den vergangenen Jahren sukzessive eingestellt, wobei es mich sehr freut, dass die ÖBB hier anscheinend ein Potenzial erkannt und zahlreiche Nachtzüge der DB übernommen haben.

Per J. Andersson beschreibt aber nicht einfach nur trocken Geschichte und Aspekte des Bahnreisens, sondern streut auch sehr viele persönliche Erfahrungen mit ein. So ist er mit seinen Kindern per Interrail durch Europa unterwegs, begibt sich auf die Spuren des
berühmten Orientexpresses, erkundet Indien, China und die USA und bereist auch seine eigene Heimat Schweden auf wenig bekannten Strecken.

Diese Mischung aus eigenen Reiseerlebnissen und allgemeinen Fakten hat mir sehr gut gefallen, außerdem ergänzt der Autor das alles auch noch um praktische Informationen zu bestimmten Zugstrecken und um Empfehlungen für Bücher und Filme, die sich mit Zugreisen beschäftigen.

Ein sehr interessantes Buch, das auch perfekt als Lektüre für eine längere Zugfahrt geeignet ist! Nur der deutsche Titel ist arg sperrig geraten – das schwedische Original bringt es mit Ta tåget (Nimm den Zug) etwas prägnanter auf den Punkt.

2 thoughts on “Per J. Andersson – Vom Schweden, der den Zug nahm und die Welt mit anderen Augen sah

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