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[Kurzrezensionen] Drei Jugendbücher

Deb Caletti – A Heart in a Body in the World

Nach einem traumatischen Ereignis fällt es Annabelle schwer wieder in ihr Leben hineinzufinden. Kurzentschlossen beginnt sie zu laufen – über 4000 Kilometer von Seattle bis nach Washington DC, mit ihrem Großvater an ihrer Seite, der sie im Wohnmobil begleitet. Und Stück für Stück kommt sie dabei auch einer Art von Heilung näher.

Ich bin auf dieses Buch wegen der Rahmenhandlung aufmerksam geworden und fand Annabelles Vorhaben auch sehr fesselnd und realistisch beschrieben. Das besondere an dem Roman ist aber die innere Handlung – was in der Vergangenheit passiert ist und wie das Annebelles Leben bestimmt. Der Vorfall, der das Trauma ausgelöst hat, wird erst nach und nach enthüllt, deutet sich aber bereits früh an. Ich möchte hier nicht zu sehr spoilern, aber da es um sensible (sehr aktuelle) Themen geht, könnte es für manche hilfreich sein sich im Vorfeld über Trigger bei diesem Buch zu informieren. Ich fand die Art und Weise, wie sich Deb Caletti den schwierigen Themen nähert, sehr gelungen und konnte Annabelles inneren Aufruhr sehr gut nachvollziehen. Ein wichtiger und berührender Roman, dessen Tiefe mich positiv überrascht hat.

Benedict Wells – Hard Land

Eine Kleinstadt in Missouri in den 80er Jahren: Der fünfzehnjährige Sam nimmt einen Job in einem Kino an, um auf diese Weise vor seinen Problemen zu Hause zu fliehen. Unter den anderen Mitarbeitern, die- alle etwas älter sind als er, ist er zunächst ein Außenseiter, doch allmählich findet er Freunde, verliebt sich und erlebt einen Sommer, der sein Leben verändert.

„Hard Land“ (der Titel bezieht sich auf ein Buch, das Sam für die Schule lesen muss) ist ein klassischer Coming-of-Age Roman – fast ein bisschen zu klassisch. Es gibt 80er-Jahre Nostalgie, ein altes Kino, ein unerreichbares Mädchen, einen schüchternen Jungen, der zu sich selbst findet, Familienprobleme, eine etwas melancholische Sommerstimmung. Manche der Themen, die darin angesprochen werden, fand ich interessant, und zudem sind Cameron und Hightower, die Sam im Kino kennenlernt, sehr runde Nebenfiguren, aber insgesamt war mir der Roman zu generisch. Flüssig zu lesen (bzw. zu hören), aber es fehlt das „gewisse Etwas“.

Lauren Wolk – Eine Insel zwischen Himmel und Meer

Elizabeth-Inseln in den 1920er Jahren: Auf einer winzigen Insel, die Cuttyhunk vorgelagert ist, leben Crow und Osh alleine in einer Hütte. Seit Crow als Baby in einem Boot an den Strand gespült wurde, sind Osh und die resolute Miss Maggie die einzige Familie, die sie je kannte. Aber die Fragen nach ihrer Herkunft lassen Crow nicht los. Als sie ihrer Geschichte auf die Spur geht, ahnt sie nicht, auf was für ein gefährliches Abenteuer sie sich dabei einlässt.

Dieser Roman richtet sich an eine jüngere Zielgruppe als die anderen beiden Bücher. Ich hatte ihn vor längerem auf meine Leseliste gesetzt und als vor kurzem das Ebook in der Onleihe verfügbar war, wusste ich gar nicht mehr, worum es darin geht. Aber die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen – nicht zuletzt dank des sehr atmosphärischen Settings. Die Elizabeth-Inseln vor der Ostküste der USA sind ein interessanter Schauplatz und Lauren Wolk baut einige reale historische Hintergründe wie etwa eine ehemalige Leprakolonie geschickt in die Handlung mit ein.
Es geht in diesem Buch um Familie, Herkunft und Zugehörigkeit – Themen, die die Autorin mit einer großen Feinfühligkeit behandelt. „Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ ist daher ein sanfter und behutsamer Roman, auch wenn es zwischendurch ganz schön dramatisch und sogar gefährlich wird. Eine sehr schöne Lektüre, die zwar perfekt endet, aber doch zu früh vorbei war – ich hätte gern noch mehr Zeit mit Crow, Osh und Maggie auf Cuttyhunk verbracht.

2 thoughts on “[Kurzrezensionen] Drei Jugendbücher

  1. Obwohl ich dein Interesse für „Wandergeschichten“ nicht teile, muss ich zugeben, dass ich es bei „A Heart in a Body in the World“ gerade aufmerkte, als ich las, dass die Protagonistin von ihrem Großvater begleitet wird. Das ist ein Element, das mich irgendwie anspricht – vielleicht weil es mir das Gefühl gibt, als ob sie damit ein Sicherheitsnetz hätte, was ich oft bei anderen Geschichten, die sich um „ich gehe spontan und ohne mir vorher Gedanken zu machen in die Wildnis“-Erlebnisse drehen, vermisse. *g*

    „Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ klingt sehr gut und ist umfangreicher, als ich nach deiner Beschreibung vermutet hätte. Wieder ein Fall für die Merkliste …

  2. Genau genommen ist es ja keine Wander-, sondern eine Laufgeschichte. 😉 Das macht das Sicherheitsnetz wohl auch schlichtweg notwendig, da Annabelle beim Laufen auch gar nicht so viel mit sich tragen könnte. Aber tatsächlich spielen ihre Familie und ihr Umfeld und die Unterstützung, die sie bei ihrem Vorhaben bekommt, eine große Rolle in diesem Roman. Ein Aspekt, den ich auch sehr mochte.

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