Genre: Phantastischer Roman, Jugendbuch
Seiten: 352
Verlag: Hanser
ISBN: 978-3446177109
Meine Bewertung: 4,5 von 5 Sternchen
Der 12-jährige Hans-Thomas ist mit seinem Vater auf dem Weg von Norwegen nach Griechenland, um dort seine Mutter zu suchen, die vor Jahren die Familie verlassen hat. Unterwegs bekommt er eine Lupe und ein winziges Buch geschenkt, das die Geschichte eines Schiffbrüchigen erzählt, den es auf eine sehr seltsame Insel verschlägt. Noch seltsamer aber ist, dass diese Geschichte anscheinend unmittelbar etwas mit Hans-Thomas‘ Reise und seiner Familie zu tun hat.
Als ich etwa 15 Jahre alt war, hat mich „Sofies Welt“, Gaarders wohl bekanntester Roman, völlig umgeworfen und zu einer ausgeprägten Jostein Gaarder-Phase bei mir geführt. Ich bin mir nicht sicher, ob mir „Sofies Welt“ heute noch gefallen würde, aber „Das Kartengeheimnis“ ist ein Buch, das mich auch nach mehrmaligem Lesen noch immer begeistern kann.
Es greift bereits einiges vorweg, das sich auch später in Gaarders Werken wieder findet: der Vergleich des Philosophen mit einem Joker im Kartenspiel, das Begreifen der Welt als ein wunderbares Mysterium und die Geschichte in einer Geschichte.
Aber die philosophischen Ansätze werden in diesem Roman jugendgerechter und auch flüssiger eingeflochten als etwa in „Sofies Welt“. Manchmal meint man zwar schon, die Stimme des Autors aus Hans-Thomas‘ Vater sprechen zu hören, wenn dieser seinem Sohn gegenüber zu philosophieren beginnt, aber die Reaktionen des 12jährigen, die von Langeweile über Interesse bis hin Verwirrung reichen, verankern diese Exkurse in einer Vater-Sohn-Beziehung, die in dem Roman auch eine wichtige Rolle spielt.
Manchmal kamen mir die Gedankengänge und Reaktionen sowie auch die Erzählstimme von Hans-Thomas etwas zu erwachsen vor, aber da er die Geschichte Jahre später aus seiner Erinnerung erzählt, ergibt das dann doch wieder ein stimmiges Bild. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass vielschichtige und lebendige Figuren nicht unbedingt Gaarders Stärke sind; vielmehr erscheinen sie oft eher wie ein Mittel zum Zweck.
Das ändert aber nichts daran, dass der Roman fesselnd und mitreißend ist und zwar auf all seinen Ebenen. Es handelt sich um eine recht verschachtelte Erzählung, wobei die Reise als eine Rahmenhandlung fungiert, während mit der Geschichte des kleinen Büchleins mehrere weitere Ebenen ins Spiel kommen: darin finden sich nicht weniger als drei ineinander verschachtelte Geschichten, über die man aber beim Lesen gut den Überblick behält.
Die Verbindung zwischen diesen Ebenen schließlich ist ungemein spannend. Sie gibt immer wieder Rätsel auf, über die man beim Lesen ständig nachdenkt und die sich erst zum Ende hin gänzlich lösen. Besonders schön sind dabei all die titelgebenden Analogien zu einem Kartenspiel, die sich ebenfalls durch alle Ebenen ziehen und sogar die Kapitelstruktur des Buches bestimmen.
„Das Kartengeheimnis“ ist ein Roman, der einfach Spaß macht und nebenbei auch ein paar philosophische Gedanken vermittelt, ohne dass man sich von diesen erschlagen fühlt. Er hat einen faszinierenden Plot – oder besser gesagt sogar mehrere faszinierende Plots – und gibt beim Lesen zahlreiche Rätsel auf. Es ist eines dieser Bücher, bei denen ich mir wünschen würde, es noch einmal zum ersten Mal lesen zu können, weil bei späteren Rereads natürlich die „Aha-Erlebnisse“ ausbleiben. Trotzdem ein Roman, den ich gern alle paar Jahre wieder hervorkrame und dann mit Freuden erneut lese.
Ich habe das Buch vor JAHREN auch gelesen. Ich weiß nicht ganz genau, wie alt ich da war. Ich schätze aber mal so 14 oder 15. Ich mochte es damals schon, obwohl es mich auch ziemlich verwirrt und zu einigen Knoten im Kopf geführt hat.
Schon lange denke ich, dass ich das Buch gerne nochmal lesen würde, aber bei den vielen tollen noch komplett ungelesenen Büchern mag ich mir auch so ungern Zeit für einen ReRead nehmen. Aber deine Rezi lässt das Buch doch ein Stückchen weiter nach vorne rücken.
Dieses Problem mit ReReads kenne ich. Allerdings habe ich in den letzten Wochen ein paar Bücher gelesen, die ich schon kannte und irgendwie war das doch mal wieder richtig schön. Ich glaube, ich sollte mir allgemein wieder mehr Zeit für ReReads einräumen.