Klassiker Rezensionen

Heinrich Böll – Wanderer, kommst du nach Spa …

erschienen bei dtv
woher: Buchandlung Kuppitsch

Neyasha und die Nobelpreisträger

Diese Kurzgeschichtensammlung enthält 25 Erzählungen von Heinrich Böll, die zwischen 1947 und 1950 entstanden sind. Zeitlich sind sie alle während oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg angesiedelt, gehören also der sogenannten „Trümmerliteratur“ an.
 
Die Geschichten sind in einer knappen, nüchternen Sprache geschrieben und daher leicht zu lesen, wenn sie auch inhaltlich harter Tobak sind. Heinrich Böll schreibt von Soldaten in der Fremde, von Sterbenden, von desillusionierten Heimkehrern und von Männern, denen die Jugend geraubt wurde. Interessant fand ich den sehr privaten Blick auf den Krieg; die Sicht der einfachen Soldaten, die ganz auf die momentane Situation konzentriert ist und jegliche Weltpolitik ausspart. Wüsste man nicht, dass Böll Deutscher war und würden nicht ab und zu kleine Details einen Anhaltspunkt bieten, könnte dies ebensogut ein anderer Krieg und die Soldaten anderer Nationalität sein. Gerade diese enge Sichtweise macht die Geschichten daher sehr zeitlos und allgemeingültig.
 
Wie bei der Thematik zu erwarten, ist die Stimmung düster und es gibt kaum jemals einen Hoffnungsschimmer in den Erzählungen. Es ist also eine sehr bedrückende Lektüre und das wird meiner Meinung nach noch dadurch verschärft, dass sich im Laufe der Zeit eine gewisse Eintönigkeit einstellt. Vielleicht haben mir deshalb die ersten und letzten Geschichten am besten gefallen, während ich diejenigen des Mittelteils als etwas zäh empfunden habe.
So eindrücklich Heinrich Böll auch den Alltag des Krieges beschreibt, hätte ich doch die Sammlung gelungener gefunden, wenn sie weniger Erzählungen beinhalten würde. So wiederholen sich die Themen, die Handlungen und auch die Figurendarstellungen.
Apropos Figuren: Die meisten Kurzgeschichten sind in der Ich-Perspektive verfasst, einige auch in der 3. Person, wobei ich letztere teils als interessanter empfunden habe. 
 
„Wanderer, kommst du nach Spa …“ ist eine erschütternde Lektüre und vermittelt ein sehr eindrucksvolles Stimmungsbild. Es macht erwartungsgemäß keine Freude, diese Erzählsammlung zu lesen, aber die Lektüre lohnt sich trotz einiger Längen und Redundanzen.

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